Die neue Corona-Schutzverordnung in NRW dient im Wesentlichen der Rückkehr zur Normalität. Etwas überraschend führt sie aber zugleich und damit erstmals eine Testpflicht für Arbeitnehmer ab dem 9 Juli 2021 ein. Eine Woche nach Beginn der Sommerferien denkt die NRW-Landesregierung dabei vor allem an die Urlaubsrückkehrer:
Was regelt die neue Corona-Schutzverordnung NRW?
Beschäftigte, die aufgrund von Urlaub oder einer vergleichbaren Arbeitsbefreiung mindestens fünf Werktage nicht gearbeitet haben, müssen am ersten Arbeitstag ein negatives Testergebnis vorlegen oder vor Ort einen Test durchführen. Folgt unmittelbar nach dem Urlaub eine Home-Office Tätigkeit, besteht die Testpflicht am ersten Tag, an dem der Arbeitnehmer wieder im Betrien arbeitet. Von der Regelung ausgenommen sind vollständig geimpfte oder genesene Personen.
Da ein Arbeitgeber nicht das Recht hat, seinen Arbeitnehmer zu fragen, wo und wie er seinen Urlaub verbracht hat, gilt diese Testpflicht nach jeder urlaubsbedingten Rückkehr. Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob sich der Arbeitnehmer in einem Hochinzidenzgebiet aufgehalten oder seinen Urlaub im heimischen Garten verbracht hat.
Nach § 23 Abs. 2 Nr. 4a der Corona-Schutzverordnung NRW ist es zudem bußgeldbewehrt, wenn der Arbeitgeber die Kontrolle der Testnachweise beziehungsweise die Testdurchführung nicht si-cherstellt.
Welche Anforderungen bestehen an die Testung vor Ort?
Laut Aussage des NRW-Gesundheitsministers Lauman reicht die Durchführung eines Selbsttests aus. Dieser Test muss nach der neuen Verordnung dokumentiert und beaufsichtigt werden und den Anforderungen der Beschäftigtentestung nach § 4 der Corona-Test-Quarantäneverordnung erfolgen.
Die aufsichtführende Person muss entweder durch eine bauliche Barriere oder einen Abstand von mindestens 2m von der sich testenden Person getrennt sein oder mit einer persönlichen Schutzausrüstung (FFP-2 Maske und Visier) vom Arbeitgeber ausgestattet werden. Die Aufsicht muss die Probenentnahme überwachen und das Ergebnis des Selbsttests bestätigen. Die aufsichtsführende Person muss fachkundig, geschult oder unterwiesen sein.
Gegenstand der Unterweisung muss die korrekte Anwendung der verwendeten Tests sein, damit die eingewiesene Person offensichtlich fehlerhafte Anwendungen erkennen und die Personen, die sich testen, bei der Anwendung durch entsprechende Hinweise unterstützen kann. Zudem muss die Unterweisung die Grundregeln des Eigenschutzes und den Umgang mit den Testnachweisen beinhalten, sofern solche erstellt werden sollen. Der Unterwiesene ist auf die möglichen Rechtsfolgen einer fehlerhaften oder wahrheitswidrigen Bescheinigung hinzuweisen. Die ordnungsgemäße Unterweisung ist vom Arbeitgeber zu dokumentieren.
Was versteht man unter einer „vergleichbaren Arbeitsbefreiung“ im Sinne von § 7 Abs. 3 der neuen Corona-Schutzverordnung NRW?
Die Testpflicht greift bei einer urlaubsbedingten Abwesenheit und einer „vergleichbaren Arbeitsbefrieung“. Die Verordnung selbst lässt offen, was unter einer vergleichbaren Arbeitsbefreiung zu verstehen ist. Laut Pressemitteilung des NRW-Gesundheitsministeriums lösen Abwesenheitszeiten aufgrund von Krankheit oder Home-Office keine Testpflicht aus. Ebenfalls nicht erfasst sein dürfte eine Dienstreise. Diese begründet zwar eine Abwesenheit des Arbeitnehmers, eine Arbeitsbefreiung ist hier jedoch nicht gegeben.
Offen bleibt aber, ob eine Testpflicht beispielsweise auch bei Teilzeitkräften in Betracht kommt, die nur einen Tag in der Woche arbeiten. In diesen Fällen kann schnell eine Abwesenheit von fünf Werktagen auftreten. Da bisher noch keine Begründung der neuen Corona-Schutzverordnung veröffentlicht wurde, ist nicht klar, ob die Verordnung auch diese Fälle erfassen soll. Der Wortlaut spricht zunächst dagegen. Die Befreiung von der Arbeit setzt denklogisch voraus, dass zunächst eine Verpflichtung zur Arbeitsleistung bestand. Dies wird beispielsweise im Betriebsverfassungsgesetz deutlich. Hiernach sind Mitglieder des Betriebsrats von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Ist die Arbeit in einem geringen Umfang vereinbart, kann auch bei einer mehr als fünftägigen Abwesenheit nicht von einer Befreiung gesprochen werden. Sinn und Zweck der Regelung ist es zudem hauptsächlich, die mit den anstehenden Reise- und Urlaubsaktivitäten verbundenen Risiken weiterer Ansteckungen zu begrenzen. Eine Ausweitung auf Teilzeitkräfte würde „über das Ziel hinausschießen“.
Für Rückkehrer aus Elternzeit, Mutterschutz oder nach einem etwaigen Streik dürfte ebenfalls keine Testpflicht bestehen, weil das Ruhen eines Arbeitsverhältnisses keine mit dem Urlaub vergleichbare Arbeitsbefreiung ist.
Ist der Arbeitgeber aufgrund dieser Neuregelung nunmehr berechtigt, seinen Arbeitnehmer nach seinem Impfstatus zu befragen?
§ 7 Abs. 3 S. 3 der neuen Corona-Schutzverordnung NRW nimmt Beschäftigte, die vollständig im-munisiert sind (vollständig geimpft oder immunisiert) von der Testpflicht aus. Diese Regelung ändert nichts daran, dass der Arbeitgeber nicht berechtigt ist, seine Arbeitnehmer nach ihrem Impfstatus zu fragen oder die Vorlage von Impfnachweisen zu verlangen. Solange es in Deutschland keine Impfpflicht gegen Corona gibt, ist der Arbeitgeber grundsätzlich nicht berechtigt, Informationen vom Arbeitnehmer hierzu zu verlangen. Eine Nachweispflicht für Arbeitnehmer, dass diese sich haben impfen lassen, ist insbesondere aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht zulässig. Nichts desto trotz bleibt es jedem Arbeitnehmer unbenommen, dem Arbeitgeber freiwillig einen Impfnachweis zu erbringen, um sich von der Pflicht zur Testung zu befreien.