Einer der größten Vorteile im Home Office ist die Reduzierung des Arbeitsweges. Die meisten Beschäftigten werden es von ihren Schlafzimmern zum Arbeitszimmer bzw. Arbeitsplatz nicht besonders weit haben. Dennoch wird sich der ein oder andere schon einmal bei der Frage ertappt haben, ob Unfallversicherungsschutz besteht, wenn man auf diesem Weg Verletzungen erleidet. Das Bundessozialgericht (BSG) hat in Abkehr seiner bisherigen Rechtsprechung das Landessozialgericht (LSG) korrigiert und für Klarheit gesorgt:
Hintergrund
Ein aus dem Home Office tätiger Arbeitnehmer nahm auf dem Weg vom Schlafzimmer in sein ein Stockwerk tiefer gelegenes Arbeitszimmer eine Wendeltreppe. Dort rutschte er aus und verletzte sich. Die Berufsgenossenschaft verweigerte Leistungen im Zusammenhang mit dem Unfall, was den Arbeitnehmer zur Klage zwang.
Ein einfacher Sachverhalt, der rechtlich durchaus spannend ist. Anders als das Sozialgericht (SG), lehnte das LSG die Einstandspflicht der Berufsgenossenschaft mit dem Argument ab, dass dieser Weg bloß eine unversicherte Vorbereitungshandlung darstelle. Hintergrund für diese Ansicht ist die bis zu diesem Zeitpunkt ständige Rechtsprechung des BSG, nach der zur Abgrenzung des versicherten Betriebsweg und einer unversicherten Vorbereitungshandlung das Durchschreiten der Haustür entscheidend gewesen war. Diese vom BSG stets beibehaltene Grenze zwischen dem unversicherten häuslichen Lebensbereich und dem versicherten Zurücklegen eines Weges sei nach dem LSG im Interesse der Rechtssicherheit bewusst starr gezogen, weil sie an objektive Merkmale anknüpft, die im Allgemeinen leicht feststellbar seien. Zuhause könne damit noch keine Versicherungspflicht eintreten. Nach dieser Rechtsprechung wäre es somit unmöglich, innerhalb der eigenen vier Wände als ein im Home Office Beschäftigter Unfallversicherungsschutz zu genießen.
Die Entscheidung des BSG
Das BSG hat in Abkehr seiner bisherigen Rechtsprechung die Entscheidung des LSG aufgehoben und die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt (Urteil vom 8. Dezember 2021, Az.: B 2 U 4/21 R). Nach den verbindlichen Feststellungen der ersten Instanz diente, so das BSG, der Weg über die Wendeltreppe ins Home Office alleine der erstmaligen Arbeitsaufnahme und stellte damit eine Verrichtung im Interesse des Arbeitgebers da. Es handele sich daher um einen Betriebsweg, für den Versicherungsschutz bestehe.
Praxishinweis
Die Entscheidung des BSG ist zu begrüßen und vor dem Hintergrund der gesetzlichen Neuregelung zum Unfallversicherungsschutz im Home-Office, die jedoch für die vorliegende Entscheidung noch nicht maßgeblich war, konsequent. Seit dem 18. Juni 2021 sieht § 8 Abs. 1 S. 3 SGB VII vor, dass der Unfallversicherungsschutz im Home Office „im gleichen Umfang wie bei der Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte besteht“. Damit reagierte der Gesetzgeber auf die Veränderungen der modernen Arbeitswelt. Das BSG bestätigte dies nun in Abkehr seiner bisherigen Rechtsprechung. Beweisschwierigkeiten dürften jedoch weiterhin bei der Frage bestehen, ob der Weg zum häuslichen Büro wie vorliegend unmittelbar der Arbeitsaufnahme diente oder ggf. weitere private Zwischenziele (z.B. ein Frühstück) die Qualifizierung als unfallversicherter Betriebsweg verhindern.
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