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Bewerber googlen? LAG Düsseldorf zur Zulässigkeit & Schadensersatzrisiko

LAG Düsseldorf: Hintergrund-Recherchen über Bewerber als Teil des üblichen Bewerbungsprozesses? Wie es in dem Zusammenhang zu einem Schadensersatzanspruch kommen kann.

Ein Arbeitgeber muss einem Bewerber 1.000 EUR als immateriellen Schadensersatz zahlen, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf in einem aktuellen Fall (Urteil vom 10.04.2024 – 12 Sa 1007/23). Der Grund dafür war, dass der Arbeitgeber die DSGVO-Informationspflichten verletzt hatte, als er im Internet nach Informationen über den Bewerber suchte. Das LAG urteilte jedoch auch, dass die Hintergrundrecherche über einen Bewerber im Internet ein an sich zulässiger Teil der Vertragsanbahnung sein könne.

Anlass der Google-Recherche

Was war der Anlass für die Recherche? Ein Mitarbeiter des Arbeitgebers führte die Recherche durch, weil ihm der Name des Bewerbers bekannt vorkam und dieser bereits in der Vergangenheit Entschädigungsverlangen nach dem AGG geltend gemacht hatte.

Rechtsgrundlage der Google-Recherche

Die Datenschutzbehörden gehen grundsätzlich davon aus, dass die herkömmlichen Methoden im Bewerbungsverfahren, wie zum Beispiel Bewerbungsgespräche, Assessment-Center, Qualifikationen oder Arbeitszeugnisse, ausreichen, um einen guten Eindruck von dem Bewerber zu erhalten.

Das LAG Düsseldorf stellt in seinem Urteil nun fest, dass auch eine Online-Recherche ein normaler Teil der Vertragsanbahnung und damit des Bewerbungsverfahrens sein könne. Wie kommt das LAG darauf?

Die DSGVO gestattet als Vorstufe der eigentlichen Vertragserfüllung auch die Verarbeitung von Daten, die zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen erforderlich sind, die auf Anfrage der betroffenen Person erfolgen (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. b DSGVO). In die Kategorie dieser vorvertraglichen Maßnahmen fällt nach Ansicht des Gerichts auch die Durchführung des Bewerbungsverfahrens – mit der eigenen Bewerbung setze der Betroffene den Auswahlprozess in Gang und habe damit die Eigeninitiative an den Tag gelegt, die für eine Verarbeitung personenbezogener Daten auf Anfrage der betroffenen Person erforderlich sei.

Eine in diesem Zusammenhang durchgeführte Hintergrundrecherche bei Google werde zwar nicht direkt „auf Anfrage“ des Bewerbers durchgeführt – allerdings erstrecke sich dieses Merkmal auf jegliche Verarbeitung, die der Einstellungsentscheidung im Bewerbungsverfahren diene, so die Düsseldorfer Richter, da gerade diese Entscheidung vom Bewerber gewünscht werde. Nichts anderes könne damit für eine zu diesem Zweck durchgeführte Online-Hintergrundrecherche gelten.

Erforderlichkeit entscheidend

Dies heißt jedoch nicht, dass damit jede Art von Datenbeschaffung im Bewerbungsprozess gestattet ist. Eine wichtige und in der Erlaubnisnorm ausdrücklich vorgesehene Einschränkung ist das Kriterium der Erforderlichkeit. Die Verarbeitung ist nur in dem für den jeweiligen Auswahlprozess notwendigen Umfang erlaubt.

Im vorliegenden Fall erfolgte die Recherche aus einem konkreten Anlass zweckbezogen auf das Auswahlverfahren. Dem Arbeitgeber lagen konkrete Anhaltspunkte vor, die Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Bewerbung und Geeignetheit des Bewerbers aufkommen ließen. Das LAG stellt auch klar, dass die Arbeitgeberin nicht dazu verpflichtet war, diesen Sachverhalt durch Fragen bei dem Bewerber aufzuklären. Wichtig war hier aber auch, dass sich die Arbeitgeberin auf eine Google-Recherche beschränkte und gerade nicht noch in (vorwiegend zu privaten Zwecken genutzten) sozialen Netzwerken wie Facebook oder Instagram nach Informationen über den Bewerber suchte.

Informationspflicht des Arbeitgebers

In diesem Zusammenhang ist wichtig, dass der Arbeitgeber seine Informationspflichten gegenüber den Bewerbern bzgl. der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten ordnungsgemäß erfüllt. Der Arbeitgeber muss den Bewerber über die Datenerhebung informieren, und die [...]

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Annahmeverzugslohn und Anrechnung von anderweitigem Erwerb – Tipps für die Praxis

Grundsätzlich gilt: Ohne Arbeit kein Lohn. Eine Ausnahme ist der Annahmeverzugslohn (siehe auch HR-News Beitrag vom 17. Oktober 2023: „Annahmeverzugslohn: Nur noch stumpfes Schwert im Kündigungsschutzprozess?“). Diesen muss der Arbeitgeber in der Regel zahlen, wenn er Arbeitnehmer nach Ausspruch einer Kündigung freistellt oder nach dem vermeintlichen Kündigungsdatum die Unwirksamkeit der Kündigung rechtskräftig festgestellt wird. Für den Zeitraum, in dem der Arbeitnehmer hätte arbeiten können, dies aber aufgrund der Erklärungen des Arbeitgebers nicht konnte, ist die vertragsgemäße Vergütung weiterzuzahlen. Dabei hat sich der Arbeitnehmer aber anderweitigen Erwerb anrechnen zu lassen (§ 615 S. 2 BGB, § 11 Nr. 1 KSchG). Außerdem kann der Annahmeverzugslohn um den Wert gemindert werden, den der Arbeitnehmer „böswillig unterlässt“, zu verdienen (§ 615 S. 2 BGB, § 11 Nr. 2 KSchG).

In der Praxis zeigt sich oft, dass Arbeitgeber die Möglichkeiten der Anrechnung des anderweitigen Erwerbs nicht ausreichend nutzen, sondern vermeintlich pflichtbewusst den Annahmeverzugslohn ungemindert auszahlen. Ein Grund mehr einen Blick auf die Entscheidung des BAG vom 24. Januar 2024 (5 AZR 331/22) zu werfen, in der sowohl der anzurechnende tatsächlich erzielte Verdienst als auch der böswillig unterlassene (hypothetische) Verdienst genauer erläutert wird:

1. DER SACHVERHALT

Nachdem der Klägerin zu Ende April 2014 gekündigt wurde, erhob sie Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht. Der Arbeitgeber stellte die Lohnzahlungen zum Ende April 2014 ein. Die Klägerin meldete sich daraufhin ab März 2014 bei der Arbeitsagentur arbeitssuchend. Die Klägerin wurde im Mai 2014 als Geschäftsführerin einer GmbH eingetragen. Für die Geschäftsführertätigkeit erhielt sie keine Vergütung, sondern eine Gewinnbeteiligung. Die GmbH, deren Geschäftsführerin die Klägerin war, wurde im Januar 2015 persönlich haftende Gesellschafterin einer KG, an der die Klägerin mit einem Anteil im Wert von EUR 10.000 beteiligt war. Für den Zeitraum Mai bis Oktober 2014 erzielten weder die KG noch die GmbH einen Gewinn, sondern Verluste. Die Klägerin erhielt für diesen Zeitraum daher auch keine Gewinnbeteiligung.

Bis Ende 2015 konnte der Klägerin durch die Arbeitsagentur keine Beschäftigung vermittelt werden. Im Januar 2016 stellte das Arbeitsgericht Gera fest, dass die Kündigung (sowie auch weitere, zusätzlich erklärte Kündigungen) das Anstellungsverhältnis nicht wirksam beendet hatten.

Für den Zeitraum Mai 2014 bis September 2014 klagte die Klägerin anschließend auf Annahmeverzugslohn, in Höhe der zuvor erzielten Vergütung. Nachdem das Landesarbeitsgericht (LAG) Thüringen (Urteil vom 6. September 2022 – 1 Sa 427/20) der Klage im wesentlichen stattgegeben hatte, nutzte das BAG die Revision zur Klarstellung der Regelungen zur Anrechnung von Nebenverdienst und verwies das Verfahren zur erneuten Entscheidung an das LAG zurück.

2. DIE ENTSCHEIDUNG

Das BAG stellte fest, dass das LAG weder den tatsächlichen Verdienst der Klägerin in ausreichendem Maße ermittelt hatte, noch ausreichend Feststellungen getroffen hatte, ob die Geschäftsführertätigkeit mit reiner Gewinnbeteiligung nicht ggf. ein böswilliges Unterlassen im Sinne von § 11 Nr. 2 KSchG darstellt.

Zu Ersterem: Entgegen der Ansicht des LAG müssen Einkünfte aus einer Gewinnbeteiligung auch berücksichtigt werden, wenn sie erst zu einem späteren Zeitpunkt ausgezahlt werden. Der Zeitpunkt der Fälligkeit von Ansprüchen ist danach für die Anrechenbarkeit von sonstigen Verdiensten nicht relevant, sondern vielmehr der Zeitpunkt der Arbeit/Leistung, für [...]

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