Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat sich mit Urteil vom 25. Februar 2020 (Az. 17 Sa 37/20) u.a. zu Betriebsvereinbarungen als Erlaubnistatbestand für nicht erforderliche Verarbeitungen personenbezogener Daten geäußert und die ausgeprägten Gestaltungsmöglichkeiten der Betriebsparteien im Bereich des Datenschutzrechts verdeutlicht.
Sachverhalt
Gegenstand des Urteils war ein Streit zwischen einem Beschäftigten und dessen Arbeitgeber über die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten (Beschäftigtendaten). Der Arbeitgeber hatte zuvor mit den Planungen zur Einführung eines cloudbasierten Personalinformationsmanagementsystems (PIMS) begonnen. Zu Erprobungszwecken wurden in diesem Zusammenhang nicht nur fiktive Testdaten an die US-amerikanische Konzernmutter übermittelt und in das cloudbasierte PIMS eingespeist, sondern auch personenbezogene Echtdaten. Zwar gab es zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung über die Einführung des PIMS, in der in einem Katalog festgelegt worden war, welche Beschäftigtendaten in das cloudbasierte System übertragen werden dürfen. Der Arbeitgeber übermittelte jedoch über die Festlegungen hinaus noch weitere Beschäftigtendaten an die Konzernmutter, die diese Daten im PIMS verarbeitete. Diese Verarbeitung dieser weiteren personenbezogenen Daten war nach Ansicht des Beschäftigten rechtswidrig, weil sie nicht durch die Betriebsvereinbarung gedeckt war. Der Beschäftigte forderte in diesem Zusammenhang immateriellen Schadensersatz nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO wegen einer rechtswidrigen Verarbeitung seiner Daten.
Entscheidung des Gerichts
Das Gericht stellt zunächst fest, dass die Verarbeitung der personenbezogenen Daten des Beschäftigten, die nicht zu den Katalogdaten der Betriebsvereinbarung gehören, weder auf § 26 Abs. 4 BDSG i.V.m. der Betriebsvereinbarung noch auf § 26 Abs. 1 BDSG oder Art. 6 Abs. 1 DSGVO gestützt werden kann.
Die Zulässigkeit der Verarbeitung von Echtdaten zu Testzwecken auf Grundlage des § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG bzw. des Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO scheitert nach Ansicht des Gerichts jeweils an der fehlenden Erforderlichkeit der Verarbeitung.
Nach § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG dürfen personenbezogene Daten von Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses verarbeitet werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung oder zur Ausübung oder Erfüllung der sich aus einem Gesetz oder einem Tarifvertrag, einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung (Kollektivvereinbarung) ergebenden Rechte und Pflichten der Interessenvertretung der Beschäftigten erforderlich ist.
Hier fehlt es nach Ansicht des Gerichts an der Erforderlichkeit der Verarbeitung i.S.d. § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG, da der Arbeitgeber zur Durchführung der Arbeitsverhältnisse nicht darauf angewiesen gewesen sei, bereits vor Einführung des PIMS echte Beschäftigtendaten in der Cloud zu Testzwecken zu verarbeiten bzw. durch die Konzernmutter verarbeiten zu lassen.
Auch Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO (sog. berechtigtes Interesse) ist nach Ansicht des Gerichts keine geeignete Rechtsgrundlage. Im Zusammenhang mit diesem Erlaubnistatbestand betont das Gericht die notwendige Prüfung, ob eine betroffene Person zum Zeitpunkt der Erhebung der personenbezogenen Daten und angesichts der Umstände, unter denen die Erhebung erfolgte, vernünftigerweise damit rechnen musste, dass möglicherweise eine Verarbeitung für einen bestimmten Zweck erfolgen wird. Hier mussten die Beschäftigten nach Auffassung des Gerichts mit einer Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten zu bloßen Testzwecken – angesichts der parallel stattfindenden Datenverarbeitung im Live-System – nicht rechnen. Selbst wenn man [...]
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