Eine Arbeitsgruppe der Koalitionsparteien hat sich u.a. auf eine Frauen-Mindestbesetzung für Vorstände von Aktiengesellschaften geeinigt. Ein entsprechender Kabinettsbeschluss wird nach der Ressortabstimmung sowie der Länder- und Verbändebeteiligung für den 6. Januar erwartet. Das Gesetzgebungsverfahren befindet sich demnach erst am Anfang, erste Details sind aber schon bekannt geworden.
1. GEPLANTE ÄNDERUNGEN In Vorständen börsennotierter und der paritätischen Mitbestimmung unterliegender Unternehmen mit mehr als drei Vorstandsmitgliedern soll künftig mindestens eine Frau zum Mitglied des Vorstands bestellt werden. Zusätzlich wurde für Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes eine Frauenquote von mindestens 30 Prozent sowie eine weibliche Mindestbesetzung für die Vorstände (bei mehr als zwei Personen mindestens eine Frau) vereinbart. Dies soll auch für die Körperschaften des öffentlichen Rechts gelten, für die ebenfalls eine Mindestbeteiligung (ab zwei Personen eine Frau) vorgesehen ist. Bestellte Vorstandsmitglieder genießen dabei Bestandsschutz, die Änderungen sollen erst für Neubesetzungen zum Tragen kommen.
2. HINTERGRUND Eine feste Geschlechterquote von jeweils 30% gilt bereits seit dem Jahr 2015 für Aufsichtsräte von paritätisch mitbestimmten und zugleich börsennotierten Gesellschaften (§ 96 Abs. 2 AktG). Für sehr viel mehr Unternehmen gilt indes nicht diese starre Geschlechter-, sondern eine flexible Frauenquote: Gesellschaften, die entweder börsennotiert sind oder der Mitbestimmung unterliegen, haben lediglich Zielgrößen für den Frauenanteil im Aufsichtsrat, im Vorstand und den beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands festzulegen und diese zu veröffentlichen (§§ 76 Abs. 4, 111 Abs. 5 AktG). Der öffentliche Druck sollte mittelfristig dazu führen, dass Unternehmen ihre Zielgrößen stetig erhöhen. Die flexible Quote hat indes offenbar nicht die erwünschte Wirkung erzielt. Zulässig und verbreitet ist hier die Zielgröße von „Null (Prozent) Frauen“. Gegenwärtig soll sie von knapp 70 Prozent aller Unternehmen, die in den Anwendungsbereich der „flexiblen Quote“ fallen, verwendet werden. Besonders niedrig ist der Frauenanteil auf der Vorstandsebene. Hier setzen die von der Großen Koalition ins Auge gefassten Neuerungen an. Sie stellen eine wesentliche Komponente des geplanten Zweiten Führungspositionen-Gesetzes (FüPoG II) dar, das seinen Ursprung im Koalitionsvertrag 2018 hat und dessen Referentenentwurf bereits im Februar 2020 inoffiziell bekannt wurde.
3. AUSWIRKUNGEN Von den geplanten Mindestbesetzungsregeln sind nur diejenigen Unternehmen unmittelbar betroffen, die börsennotiert sind, zugleich der paritätischen Mitbestimmung unterliegen und deren Vorstand mehr als drei Mitglieder hat. Der praktische Anwendungsbereich für die Privatwirtschaft ist wegen dieser kumulativ notwendiger Voraussetzungen allerdings deutlich begrenzt und soll nur knapp 30 Unternehmen überhaupt treffen. Gleichwohl ist die Signalwirkung der Neuregelung ebenso wenig zu verkennen wie die konkreten Auswirkungen für die Nachfolgeplanung betroffener Unternehmen. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob das geplante Gesetz eine hohe Effektivität zur Verbesserung des Zugangs von Frauen in Führungspositionen verspricht oder ob Unternehmen versuchen werden, die neuen Regelungen zu umgehen. Denkbar wäre etwa eine Verkleinerung des Vorstands auf drei Personen. Daneben bleibt es unabhängig von der Zahl der Vorstandsmitglieder dabei, dass nur ein Mandat zwingend mit einer Frau zu besetzen ist. Sollte sich der Anteil von Frauen in Führungspositionen in den nächsten Jahren nicht spürbar erhöhen, ist wahrscheinlich, dass der Gesetzgeber hier weiter nachsteuern wird.
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