betriebsbedingte Kündigung
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Kündigungsschutz für GmbH-Geschäftsführer?

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat sich in einer aktuellen Entscheidung (BAG, Urteil vom 20. Juli 2023 – 6 AZR 228/22) mit der Frage des Kündigungsschutzes von Geschäftsführern auseinandergesetzt, die auf Grundlage eines Arbeitsvertrages beschäftigt sind. Insbesondere ging es um die Frage der Anwendbarkeit von § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG und § 613a Abs. 4 BGB.

Sachverhalt

Der Entscheidung lag eine Kündigungsschutzklage eines Geschäftsführers gegen eine betriebsbedingte Kündigung zu Grunde. Der Kläger war ursprünglich seit September 2000 bei einer GmbH als kaufmännischer Angestellter beschäftigt, bis er im Dezember 2013 zu deren Geschäftsführer bestellt wurde. Hierbei wurde kein Geschäftsführerdienstvertrag geschlossen, sondern mit einer „Änderung zum Arbeitsvertrag“ lediglich eine neue Arbeitszeitregelung getroffen, während alle anderen Bestandteile des Arbeitsvertrages bestehen bleiben sollten. Nachdem im Januar 2020 über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, eine Tochtergesellschaft des Unternehmens die Geschäfte fortführte und wesentliche Betriebsmittel übernommen hatte, kündigte der Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis des Klägers betriebsbedingt. Daraufhin erklärte der Kläger, nachdem ihm die Kündigung bereits zugegangen war, dass er das Amt als Geschäftsführer mit sofortiger Wirkung niederlege und klagte gegen die Kündigung seines Anstellungsverhältnisses.

Entscheidung

Nach der Entscheidung des BAG konnte sich der Kläger nicht auf den gesetzlichen Kündigungsschutz des § 1 KSchG berufen, sodass die Kündigung auch keiner sozialen Rechtfertigung i.S.v. § 1 Abs. 2 KSchG bedurfte. Der Anwendungsbereich des § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG, der vorsieht, dass Organmitglieder keinen Kündigungsschutz nach dem KSchG genießen, sei eröffnet gewesen, da die organschaftliche Stellung als Geschäftsführer zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung (noch) fortbestand. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass die Regelung andernfalls bedeutungslos wäre und dass die in § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG bezeichneten Organvertreter ungeachtet eines etwaig zugrunde liegenden Arbeitsverhältnisses allein aufgrund ihrer organschaftlichen Stellung aus dem Anwendungsbereich des allgemeinen Kündigungsschutzes herausgenommen sein sollen.

Zur Anwendbarkeit des § 613a BGB führte das Gericht hingegen aus, dass strikt zwischen der organschaftlichen Bestellung und dem zugrunde liegenden schuldrechtlichen Anstellungsverhältnis zu unterscheiden sei. Liege der rechtlichen Beziehung zwischen Organ und Gesellschaft ein Arbeitsverhältnis – und kein Geschäftsführeranstellungsvertrag – zugrunde, gehe bei einem Betriebsübergang gem. § 613a BGB das Arbeitsverhältnis, nicht aber die Organstellung auf den Erwerber über. Nach Ansicht des BAG gelte damit auch das eigenständige, vom Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes gerade unabhängige Kündigungsverbot des § 613a Abs. 4 S. 1 BGB für einen Geschäftsführer, der auf Grundlage eines Arbeitsvertrages tätig ist. Eine Kündigung, deren Beweggrund der Betriebsübergang ist, sei demnach auch in diesen Konstellationen unwirksam. Eine teleologische Reduktion der Vorschrift – so wie es noch das LAG Hamm vertreten hatte – lehnt das BAG ab. Wegen seines eindeutigen Wortlautes und der unionsrechtlichen Bezüge erstrecke sich § 613a Abs. 4 BGB auf alle Arbeitnehmer.

Ob die Kündigung im konkreten Fall wegen eines Verstoßes gegen § 613a Abs. 4 BGB unwirksam war oder nicht, konnte das BAG aufgrund mangelnder Feststellungen jedoch nicht abschließend entscheiden und hat die Sache daher an das LAG Hamm zurückverwiesen.

Fazit

Die praktisch häufig anzutreffende Konstellation eines GmbH-Geschäftsführers, der auf Grundlage eines Arbeitsvertrages beschäftigt wird, hat für beide Vertragspartner ihre Tücken. [...]

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Während Kurzarbeit betriebsbedingt kündigen? Was Arbeitgeber dabei beachten sollten

Viele Unternehmen nutzen immer noch Kurzarbeit, obwohl sich abzeichnet, dass die wirtschaftlichen Gründe für den Arbeitsausfall (inzwischen) dauerhafter Natur sind. Immer häufiger stellt sich dann die Frage, wie der Übergang von Kurzarbeit zu betriebsbedingten Kündigungen gelingen kann. Was es dabei zu beachten gilt, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Hintergrund

Auch wenn die Corona-Pandemie mittlerweile ihren Schrecken verloren hat, nutzen weiterhin viele Unternehmen das lieb gewonnene Instrument der Kurzarbeit, um auf die sich an die Pandemie anschließenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten wie den Ukraine Krieg, die Energie-Krise sowie allgemeine Absatzschwierigkeiten zu reagieren. Die Arbeitsagenturen zeigen sich zumindest bei der vorläufigen Bewilligung der Anträge unserer Erfahrung nach weiterhin eher großzügig.

Nicht selten versuchen Arbeitgeber daher die Kurzarbeit auch zu nutzen, wenn nicht ein bloß vorübergehender Arbeitsausfall vorliegt, sondern die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, mit denen sich das Unternehmen konfrontiert sieht, dauerhafter Natur sind. Teilweise wird versucht, die Mitarbeiter erst einmal kostengünstig in der Kurzarbeit zu „parken“ und auf bessere Zeiten zu hoffen. Häufig erfüllt sich dieser Wunsch jedoch nicht, so dass meist spätestens nach Ablauf der 12-monatigen Kurzarbeit erkannt wird, dass Personalabbau notwendig wird. Doch können die Unternehmen nun betriebsbedingt kündigen? Eine betriebsbedingte Kündigung setzt schließlich einen dauerhaften Arbeitsplatzwegfall voraus. Da steht in Widerspruch zum gleichzeitigen Bezug von Kurzarbeitergeld, welches nur bei einem vorübergehenden Arbeitsausfall gewährt wird. Kann in einer solchen Konstellation dennoch betriebsbedingt gekündigt werden?

Der Konflikt: Kurzarbeit und betriebsbedingte Kündigungen

Richtig ist, dass Kurzarbeit und betriebsbedingte Kündigungen sich bei gleichem Sachverhalt der Natur nach ausschließen. Es können also grundsätzlich nicht in einem Betrieb, in dem Kurzarbeit Null bei der gesamten Belegschaft besteht, gleichzeitig betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen werden. Sobald ein dauerhafter Arbeitsausfall vorliegt, sollte die Arbeitsagentur informiert und die Kurzarbeit beendet werden. Doch wann genau ist das der Fall?

Für Betriebsstillegungen und Betriebsänderungen sehen die Fachlichen Weisungen der Arbeitsagenturen einen relativ späten Zeitpunkt, nämlich konkrete Umsetzungsschritte vor:

„Trifft der Arbeitgeber die unternehmerische Entscheidung, einen Betrieb oder bestimmte Betriebsteile stillzulegen oder eine Betriebsänderung in Form eines erheblichen Personalabbaus (§ 17 KSchG) durchzuführen, entfällt die Grundlage für die Gewährung des Kug, sobald konkrete Umsetzungsschritte, wie z.B. Ausspruch von Kündigungen; Abschluss von Interessenausgleichsvereinbarungen mit endgültigen Namenslisten, erfolgen.“ (Fachliche Weisungen der Bundesagentur für Arbeit, gültig ab 20.12.2018, S. 19)

Und wenn es an derart konkreten Maßnahmen fehlt? Dann gelten nach den Fachlichen Weisungen wohl die allgemeinen Erläuterungen, nach denen die Voraussetzungen der Kurzarbeit während der gesamten Dauer des Bezuges vorliegen müssen. Mit anderen Worten: Steht fest, dass der Arbeitsausfall endgültig ist, z.B. weil eine unternehmerische Entscheidung über den dauerhaften Arbeitsplatzwegfall getroffen wurde, ist dies der Arbeitsagentur unverzüglich mitzuteilen – ansonsten droht die Rückforderung zu Unrecht gewährten Kurzarbeitergeldes.

Damit stellt sich die Frage, wann die Agentur für Arbeit die Kurzarbeit aufheben und gezahltes Kurzarbeitergeld zurückfordern kann, wenn sie davon ausgeht, dass der Arbeitsausfall tatsächlich schon seit längerem dauerhaft war. Um keine Indizien für den Bezug von Kurzarbeitergeld während einer Phase bereits dauerhaften Arbeitsausfalls zu schaffen, ist es für Arbeitgeber wichtig, eine saubere Zäsur zwischen dem nur vorübergehenden und dem dauerhaften Arbeitsausfall zu schaffen und entsprechend zu dokumentieren. Diese kann z.B. [...]

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Betriebsbedingter Kündigung – Vermutungswirkung bei Insolvenz

In einer aktuellen Entscheidung hat das BAG festgestellt, dass die Vermutungswirkung des § 125 Abs. 1 Nr. 1 InsO auch dann eingreift, wenn bis zu einem anvisierten Stilllegungszeitpunkt noch viel Zeit vergeht und für ein Unternehmen in der Zwischenzeit – anders als prognostiziert – doch ein Erwerber gefunden wird (BAG, Urteil vom 17. August 2023 – 6 AZR 56/23, PM). Denn im Zeitpunkt des Abschlusses des Interessenausgleichs muss sich die Betriebsänderung noch in der Planungsphase befinden, damit dem Betriebsrat entsprechend dem Zweck des § 111 BetrVG eine Einflussnahme auf die unternehmerische Entscheidung möglich ist.

1. SACHVERHALT

Der Entscheidung lag eine Klage eines seit 2011 bei der Insolvenzschuldnerin, einem Unternehmen der Stahlindustrie, angestellten Arbeitnehmers zu Grunde. Der Kläger wandte sich gegen eine von dem Insolvenzverwalter ausgesprochene Kündigung. Vor dem Hintergrund, dass keine annahmefähigen Kaufangebote für die Betriebe der Insolvenzschuldnerin vorgelegen hatten, hatte der Insolvenzverwalter mit dem bei der Insolvenzschuldnerin bestehenden Betriebsrat einen Interessenausgleich wegen einer geplanten Betriebsstillegung geschlossen. Der Interessenausgleich beinhaltete insgesamt drei verschiedenen Namenslisten, auf denen alle Beschäftigten der Insolvenzschuldnerin genannt waren. Der Kläger war auf der zweiten Liste namentlich geführt, die eine Beendigung der Arbeitsverhältnisse nach Ablauf eines Zeitraums für die Ausproduktion vorsah. Bei der Ausproduktion wird im insolventen Betrieb das noch vorhandene Potential (Know-how, Aufträge, Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, Halbfertigwaren) im Rahmen der Abwicklung genutzt und im Interesse der Gläubiger wertschöpfend verwertet. Nach Unterzeichnung des Interessenausgleichs kündigte der Insolvenzverwalter daher das Arbeitsverhältnis des Klägers betriebsbedingt mit Schreiben vom 29. Juni 2020 mit Wirkung zum 31. Mai 2021. Im weiteren Verlauf wurden anschließend doch noch Teile des Betriebs der Insolvenzschuldnerin durch Kaufvertrag vom 22. Februar 222 an einen vormaligen Hauptkunden veräußert.

2. RECHTLICHER RAHMEN

Gem. § 111 Abs. 1 S. 1 BetrVG muss in Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern der Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend unterrichtet und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat beraten werden. Dabei bedeutet rechtzeitig, dass die Unterrichtung und Beratung noch Einfluss auf die Gestaltung der Betriebsänderung nehmen können.

Über eine geplante Betriebsänderung soll gem. § 112 BetrVG zwischen den Betriebsparteien zudem ein Interessenausgleich geschlossen werden, der das „Ob“ und das „Wie“ der Betriebsänderung regelt. Der Betriebsrat kann den Abschluss eines Interessenausgleichs – anders als den eines Sozialplans – jedoch nicht erzwingen. Kommt ein solcher nicht zustande, können Beschäftigte allerdings ggf. individuell Nachteilsausgleichsansprüche geltend machen.

Im Rahmen eines solchen Interessenausgleichs können die Betriebsparteien unter anderem auch diejenigen Beschäftigten in einer Liste namentlich benennen, die bei der Durchführung der Betriebsänderung entlassen werden sollen. Eine solche Namensliste hat erhebliche individualrechtliche Bedeutung, indem durch sie die Betriebsbedingtheit der Kündigung nach § 1 Abs. 5 KSchG vermutet und der Prüfungsmaßstab bei der Sozialauswahl auf grobe Fehlerhaftigkeit beschränkt wird. Eine entsprechende Regelung sieht § 125 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 InsO auch für den Fall vor, dass im Zusammenhang mit einer Insolvenz eine Betriebsänderung geplant ist und ein Interessenausgleich mit Namensliste geschlossen wird.

3. ENTSCHEIDUNG

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm hatte in der Vorinstanz [...]

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