Aktuelle Rechtsprechung BAG
Änderung der Corona-Arbeitsschutzbestimmungen – Was ab dem 20. März 2022 gelten soll
Zahlreiche, anlässlich der COVID-19 Pandemie geschaffene Sonderregeln (§ 28b IfSG, Corona-Arbeitsschutzverordnung) werden nach derzeitigem Stand ab dem 20. März 2022 außer Kraft treten. Nun liegt ein Entwurf aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales für eine geänderte Corona-Arbeitsschutzverordnung für die Zeit bis zum 25. Mai 2022 vor. Ferner soll der Bundestag am 16. März 2022 über einen Entwurf zur Änderung des IfSG abstimmen. Eine Verlängerung von § 28b IfSG ist nicht vorgesehen. Was demnach ab dem 20. März 2022 gelten soll, entnehmen Sie den nachfolgenden Ausführungen.
1. 3G-REGEL AM ARBEITSPLATZ
Nach der derzeitigen Rechtslage dürfen Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen gem. § 28b Abs. 1 IfSG Arbeitsstätten, in denen physische Kontakte nicht ausgeschlossen werden können, nur bei vorhandener Impfung, Genesung oder bei Vorliegen eines aktuellen negativen Corona-Testergebnis betreten. Nachweise sind mitzuführen, zur Kontrolle verfügbar zu halten oder aber bei den Arbeitgeber:innen zu hinterlegen. Eine Verlängerung dieser Verpflichtung ist im aktuellen Entwurf nicht vorgesehen, sodass auch die insoweit bestehenden Kontroll- und Dokumentationspflichten für Arbeitgeber:innen entfallen werden. Gespeicherte Nachweise sind zur Vermeidung von Bußgeldern nach der künftigen Rechtslage ggf. unverzüglich zu löschen.
Unabhängig hiervon gilt ab dem 16. März 2022 gem. § 20a IfSG die sog. einrichtungsbezogene Impfpflicht im Gesundheits- und Pflegesektor (bspw. Krankenhäuser oder Arztpraxen). Arbeitnehmer:innen haben demnach noch bis zum 15. März 2022 Zeit, Nachweise einer vorhandenen Impfung oder Genesung vorzulegen. Alternativ kann auch ein ärztliches Zeugnis eingereicht werden, mit dem bestätigt wird, dass eine Schutzimpfung aus gesundheitlichen Gründen nicht erfolgen kann. Werden entsprechende Nachweise nicht rechtzeitig eingereicht oder bestehen Zweifel an deren Echtheit, obliegt es Arbeitgeber:innen bei bereits bestehenden Arbeitsverhältnissen hierüber Mitteilung an die zuständigen Gesundheitsbehörden zu machen, die anschließend über weitere Maßnahmen zu entscheiden haben. Bei neuen Arbeitsverhältnissen besteht sogar ein gesetzliches Beschäftigungsverbot. Je nach Umständen kommt bei verweigerter Vorlage neben einer Abmahnung auch die Kündigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht.
Ob darüber hinaus mit einer allgemeinen Impfpflicht zu rechnen ist, die sich ggf. auch auf die Beschäftigung von Arbeitnehmer:innen auswirken kann, erscheint derzeit nicht wahrscheinlich.
2. HOMEOFFICE
Mit Ablauf des 19. März 2022 tritt nach dem aktuellen Gesetzesentwurf auch die „Homeoffice-Pflicht“ außer Kraft. Nach § 28b Abs. 4 IfSG haben Arbeitgeber:innen ihren Arbeitnehmer:innen im Falle von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten bisher eine Tätigkeit aus dem Homeoffice anzubieten, sofern keine zwingenden betrieblichen Gründe entgegenstehen. Arbeitnehmer:innen haben dieses Angebot anzunehmen, wenn ihrerseits keine Gründe entgegenstehen. Solange Arbeitgeber:innen die Tätigkeit aus dem Homeoffice nicht aufgrund einer anderen Rechtsgrundlage eingeführt haben, können sie daher ab dem 20. März 2022 die Rückkehr ihrer Arbeitnehmer:innen in den Betrieb zu verlangen. Sollten sich Arbeitnehmer:innen dieser Anordnung verweigern, besteht die Möglichkeit mit Abmahnung oder ggf. einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu reagieren.
Auch wenn demnach künftig keine coronabedingte, verpflichtende Tätigkeit aus dem Homeoffice mehr bestehen wird, wird es in Hinblick auf mobiles Arbeiten und Homeoffice mittelfristig wohl zu einer gesetzlichen Regelung kommen. Laut Koalitionsvertrag der Bundesregierung soll für geeignete Tätigkeiten ein Erörterungsanspruch über mobiles Arbeiten und Homeoffice mit Widerspruchsrecht des Arbeitgebers eingeführt werden. Zuletzt brachte der Bundesminister für Arbeit und Soziales sogar erneut einen echten gesetzlichen Anspruch [...]
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Mindestlohn und (Pflicht)Praktika – Neues vom BAG
Die weitere Erhöhung des Mindestlohns auf € 12,00 ist noch in diesem Jahr zu erwarten und stellt für Arbeitgeber eine zunehmende Belastungsprobe dar. Umso wichtiger erscheint es, zu wissen, welche Gruppen überhaupt mindestlohnberechtigt sind. Häufig betreffen die dahingehenden Unsicherheiten in der Praxis Praktikantinnen und Praktikanten. Hierzu regelt das Mindestlohngesetz (MiLoG), dass Pflichtpraktika ausdrücklich nicht in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen – doch gilt dies auch für Praktika, die erst Voraussetzung für die Zulassung zur Hochschule sind? Das BAG hat hierzu vergangene Woche eine Entscheidung getroffen.
Hintergrund
Die Klägerin hat sich bei einer privaten Universität für ein Medizinstudium beworben. Die Studienordnung der Universität setzt zur Zulassung ein sechsmonatiges Praktikum im Krankenpflegedienst voraus. Ein solches Pflegepraktikum hat die Klägerin bei der Beklagten absolviert, wobei sie gemäß der geschlossenen Vereinbarung hierfür keine Vergütung erhielt.
Im Anschluss machte sie für die geleistete Arbeit Mindestlohnansprüche in Höhe von über EUR 10.000 klageweise geltend. Sie war der Ansicht, das Mindestlohngesetz sei anwendbar, da es sich nicht um ein vom Anwendungsbereich ausgeschlossenes Pflichtpraktikum im Sinne des § 22 Abs. 1 S. 2 MiLoG handele. Dies setze nach dem Gesetzeswortlaut eine „hochschulrechtliche Bestimmung“ voraus, auf dessen Basis das Praktikum verpflichtend sei. Durch eine solche Bestimmung könne man jedoch nur zu einem Praktikum verpflichtet werden, wenn man dieser Bestimmung bereits im Rahmen eines besonderen Gewaltverhältnisses oder eines Vertragsverhältnisses zwischen der Universität einerseits und dem eingeschriebenen Studenten andererseits unterliege. Das sei nach Ansicht der Klägerin bei ihr aber nicht der Fall gewesen, weil das Praktikum erst Voraussetzung für eine Bewerbung an der Universität gewesen sei.
Die Entscheidung
Das BAG hat die Klage wie auch schon das LAG Rheinland-Pfalz als Vorinstanz abgewiesen. Der bislang ausschließlich vorliegenden Pressemitteilung des BAG lässt sich entnehmen, dass es bei seiner Entscheidung für unerheblich hielt, ob ein Pflichtpraktikum im Sinne des § 22 Abs. 2 S. 2 MiLoG während des Studiums stattfindet oder aufgrund einer Studienordnung erst Voraussetzung für die Zulassung zum Studium ist. Auch das LAG hatte insoweit bereits angeführt, dass die Gesetzesmaterialien für ein weites Begriffsverständnis sprechen würden. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens habe sich der Gesetzgeber bewusst dafür entschieden, statt des engeren Begriffs der „Studienordnung“ den weiter gefassten Begriff der „hochschulrechtlichen Bestimmung“ in den Gesetzestext aufzunehmen, womit ausdrücklich auch Zulassungsordnungen, welche die Absolvierung eines Praktikums als Voraussetzung zur Aufnahme eines bestimmten Studiums verpflichtend vorschreiben, erfasst sein sollten.
Dabei komme es nach dem BAG auch nicht darauf an, ob die Universität staatlich ist und damit auch die Zulassungsvoraussetzungen von staatlicher Seite geschaffen worden seien. Allein maßgeblich sei, ob die Universität – wie im vorliegenden Fall – von staatlicher Seite anerkannt worden ist. Hierdurch sei die von der Universität erlassene Zugangsvoraussetzung im Ergebnis einer öffentlich-rechtlichen Regelung gleichgestellt und damit gewährleistet, dass durch das Praktikumserfordernis in der Studienordnung nicht der grundsätzlich bestehende Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn für Praktikanten sachwidrig umgangen werde.
Fazit
Die Entscheidung des BAG ist überzeugend und in der Sache eindeutig: Arbeitgeber, die Praktika anbieten, welche als Voraussetzung zur Zulassung von Hochschulen verpflichtend sind, können aufatmen. Auch weiterhin fallen solche Pflichtpraktika nicht in den [...]
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