Vergütung
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Update Nachweisgesetz – Künftig Textform statt Schriftform ausreichend?

Bereits seit dem 1. August 2022 gilt das „neue“ Nachweisgesetz („NachwG“), das die Arbeitgeber u.a. dazu verpflichtet, ihren Mitarbeitern eine schriftliche (= mit Originalunterschrift versehene) Niederschrift über die wesentlichen Arbeitsbedingungen auszuhändigen. Insbesondere an diesem Schriftformerfordernis gab es von Anfang an erhebliche Kritik, da die maßgebliche EU-Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union ((EU) 2019/1152) („Richtlinie“) ein solches nicht zwingend vorsah (siehe hierzu bereits den Blog-Eintrag vom 24. Juni 2022).

Das Bundeskabinett hatte sich am 13. März 2024 über den Entwurf „eines Vierten Gesetzes zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Bürokratie“ (BEG IV) geeinigt und reagierte damit auch auf die Kritik am strengen Schriftformerfordernis des NachwG: Der Kabinettsentwurf sieht vor, dass künftig ein in elektronischer Form im Sinne des § 126a BGB (= qualifiziert elektronisch signiert) abgeschlossener Arbeitsvertrag für den erforderlichen Nachweis ausreichen solle. Nun aber überraschte der Bundesjustizminister mit einem Rundschreiben vom 21. März 2024. Danach solle in Zukunft die einfache Textform (z.B. eine E-Mail) genügen, um Mitarbeitern den erforderlichen Nachweis über die wesentlichen Arbeitsbedingungen zur Verfügung zu stellen.

Ob, wann und wie diese Anpassung des NachwG erfolgt, ist offen. Laut des Rundschreibens soll eine Niederschrift jedoch weiterhin in Schriftform notwendig sein, sofern Mitarbeiter eine solche einfordern sollten. Auch deshalb ist fraglich, ob es sich tatsächlich um einen „großen Wurf“ der Entbürokratisierung handelt. Selbst wenn, würde lediglich eine bürokratische Hürde gesenkt werden, die erst im August 2022 eingeführt worden ist.

1. Keine Auswirkungen auf den Abschluss von Arbeitsverträgen

Entgegen manch erster Einschätzung zu dem Rundschreiben des Bundesjustizministers würde sich an den Formvorgaben für den Abschluss eines Arbeitsvertrages nichts ändern. Der Abschluss eines Arbeitsvertrages bedarf weiterhin grundsätzlich keiner Form. Dieser konnte bisher schon mündlich oder einfach per E-Mail geschlossen werden.

Schon bislang gab es Kritiker, die angesichts der Formfreiheit des Arbeitsvertrages selbst an der Verhältnismäßigkeit des Schriftformerfordernisses für den Nachweis der wesentlichen Arbeitsbedingungen zweifelten. Ein (Schrift-)Formerfordernis hat u.a. eine Beweis- und Dokumentationsfunktion. Wenn der Gesetzgeber nicht einmal eine Dokumentationsfunktion für den Abschluss des Arbeitsvertrages selbst für notwendig erachtet, ist fraglich, wieso der bloße Nachweis der Vertragsbedingungen einer strengeren Form unterliegen können soll.

2. Besondere Schriftformerfordernisse bleiben unberührt

Unabhängig davon, ob und wie die Anpassung des NachwG vollzogen werden wird, wäre davon allein das Schriftformerfordernis für den Nachweis der wesentlichen Arbeitsbedingungen betroffen. Demnach wären weiterhin insbesondere die folgenden gesetzlichen Schriftformerfordernisse zu beachten:

• Kündigung und Abschluss von Aufhebungsverträgen (§ 623 BGB)
• Befristungsabreden, auch bei Verlängerung des Arbeitsverhältnisses über Regelaltersgrenze hinaus (§ 14 Abs. 4 TzBfG)
• Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots (§ 74 Abs. 1 HGB)

Auch wenn sich die letzten beiden Schriftformerfordernisse allein auf die konkrete Regelung – Befristung bzw. Wettbewerbsverbot beziehen – werden befristete Arbeitsverträge und auch solche mit nachvertraglichen Wettbewerbsabreden in der Praxis in der Regel sowieso schriftlich abgeschlossen, wodurch den Anforderungen des NachwG automatisch entsprochen wird.

3. Unklare Bedeutung der geplanten weiteren Gesetzesänderung

Die ersten Reaktionen auf das Rundschreiben des Bundesjustizministers und der geplanten Absenkung des Formerfordernisses [...]

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Untreue bei zu hoher Vergütung von Betriebsräten? BGH, Urteil 10.01.2023 – 6 StR 133/22

Der BGH hat am 10. Januar 2023 die erstinstanzlichen Freisprüche vier früherer VW-Manager wegen des Vorwurfs der Untreue aufgehoben. Die schriftliche Urteilsbegründung war mit großer Spannung erwartet worden. Nun ist sie da.

Um es vorwegzunehmen: Das BGH-Urteil hat ganz erhebliche praktische Konsequenzen. Dies liegt vor allem daran, dass der BGH die Risiken für vorsätzliches Handeln stark verschärft. So hatte das LG Braunschweig entschieden, dass die Angeklagten zwar aufgrund vermeintlich zu hoher Vergütungen von Betriebsräten objektiv den Tatbestand der Untreue verwirklicht haben. Allerdings hätten die Angeklagten, so die erste Instanz, ohne Vorsatz gehandelt. Denn die Angeklagten hatten durchaus Risiken gesehen. Bei VW gab es daher eine Kommission und die Manager ließen sich auch umfassend rechtlich beraten. Die rechtliche Beratung kam durchweg zu dem Ergebnis, dass die Vergütungssprünge gerechtfertigt seien. Die Manager hätten daher einem Tatbestandsirrtum unterlegen und unvorsätzlich gehandelt.

Dem wollte der BGH nicht folgen: Bei einem Handeln – wie hier – im „rechtlichen Grenzbereich“ läge eher ein Verbotsirrtum nahe. Dieser sei zudem wohl vermeidbar. Wird wie hier in der arbeitsrechtlichen Literatur kontrovers diskutiert, ob Vergütungserhöhungen für Betriebsräte in vergleichbaren Konstellationen rechtmäßig seien, dürfen sich Manager laut BGH wohl nicht auf Gutachten verlassen, die „rechtlichen Flankenschutz“ gewähren sollen.

Für Unternehmen bedeutet dies: Bestehen rechtliche Unsicherheiten bei Vergütungsentscheidungen, sollten diese zur Vermeidung rechtlicher Risiken im Zweifel unterbleiben. Auch sollten in der Vergangenheit erfolgte Entscheidungen überprüft werden.

Bei der arbeitsrechtlichen Bewertung liegt der BGH grundsätzlich auf Linie mit dem BAG und der überwiegenden Literatur. So entsprach es schon bisher herrschender Auffassung, dass für die Vergütung von Betriebsräten nicht die Betriebsratstätigkeit, wie etwa ein Verhandeln mit Managern und Vorständen „auf Augenhöhe“, als solche herangezogen werden kann. Auch galt schon bisher Zurückhaltung, was die Anerkennung von im Betriebsratsamt erlangten Qualifikationen angeht. Insoweit hat der BGH überraschend für Klarheit gesorgt, sodass nun zumindest im Betriebsratsamt erlangte Qualifikationen berücksichtigt werden dürfen, die einen Bezug zur vor Amtsübernahme ausgeübten Tätigkeit des Betriebsratsmitglieds aufweisen. Beispielhaft sei auf Fälle verwiesen, in denen ein Betriebsratsmitglied, welches vor Amtsübernahme im Rechnungswesen tätig war, durch die Amtstätigkeit vertiefte Bilanzkenntnisse erlangte.

Soweit in der Wirtschaftspresse unmittelbar nach Urteilsverkündung die Auffassung geäußert worden ist, der BGH habe die Rechtsprechung des BAG zu hypothetischen Karrieren verworfen, ist dem nicht zu folgen. Denn der BGH liegt wie erwähnt arbeitsrechtlich auf Linie des BAG. Deshalb ist nicht davon auszugehen, dass hypothetische Karrieren, deren grundsätzliche Zulässigkeit jahrzehntelange gefestigte BAG-Rechtsprechung ist, künftig nicht mehr zulässig sind. Bedauerlicherweise könnten Unternehmen allerdings zu noch größerer Zurückhaltung hinsichtlich hypothetischer Karrieren gezwungen werden, als dies heute schon der Fall ist. Angesichts der Andeutung des BGH, dass kontrovers diskutierte Rechtsfragen einen bedingten Vorsatz begründen können, bestünde ein solches Risiko, wenn die hypothetische Karriere aufgrund der BGH-Entscheidung durch Stimmen in der Literatur künftig ernsthaft in Frage gestellt werden würde. Es bleibt aber zu hoffen, dass sich die Literatur bei der Rezension der BGH-Entscheidung eindeutig pro Zulässigkeit hypothetische Karriere positionieren wird.

Fazit: Wie etwa bei der Arbeitszeiterfassung ist auch hier der Gesetzgeber gefragt und wird sich der Thematik – wie verschiedentlich zu hören ist – auch beizeiten [...]

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Die Vergütung eines freigestellten Betriebsratsmitglieds

Einvernehmlicher Änderungsvertrag beeinflusst den Kreis der vergleichbaren Arbeitnehmer!

Das BAG hat mit Urteil vom 23. November 2022 (Az. 7 AZR 122/22) den Anspruch eines freigestellten Betriebsratsmitglieds auf Feststellung einer Vergütungserhöhung abgelehnt und damit die Auffassungen der Vorinstanzen bestätigt.

1. SACHVERHALT

Der klagende Arbeitnehmer war seit 1998 bei der Beklagten als Karosseriebauer beschäftigt. Ab dem 1. Juli 2007 übernahm er eine Tätigkeit als Teamleiter inklusive der fachlichen Führung von Mitarbeitern an einem anderen Standort des Unternehmens und war somit Teil der ersten Leitungsebene in der betrieblichen Hierarchie. Seit 2010 ist er Betriebsratsmitglied. Der klagende Arbeitnehmer schloss mit dem beklagten Unternehmen 2012 eine einvernehmliche Änderungsvereinbarung, in der die zukünftige Beschäftigung als Techniker ohne Leitungsfunktion zu einer geringeren Vergütung vereinbart wurde, er also fortan eine geringwertige Tätigkeit verrichtete. Ab dem 1. Juni 2014 wurde er als Betriebsratsvorsitzender von der Erbringung seiner Arbeitsleistung freigestellt.

Der klagende Arbeitnehmer begehrte mit seiner Klage zunächst die Zahlung von über 75.000 Euro brutto und die Feststellung der Erhöhung einer Vergütung. Nach seiner Ansicht stünden ihm die Ansprüche entsprechend der Entwicklung der Gehaltsstruktur vergleichbarer Arbeitnehmer zu. Er benannte andere Teamleiter als Vergleichsgruppe. Nachdem bereits das Arbeitsgericht den Zahlungsanspruch als verfallen abgelehnt hat, verfolgte der Kläger im weiteren Verfahrensgang ausschließlich die Feststellung der Vergütungserhöhung.

2. RECHTLICHER RAHMEN

Die Entscheidung des BAG betrifft im Kern das Begünstigungs- und Benachteiligungsverbot im Rahmen der Vergütung von (freigestellten) Betriebsratsmitgliedern. Das Gesetz sieht mit § 37 Abs. 4 BetrVG den Schutz von Betriebsratsmitgliedern vor Nachteilen sowohl in wirtschaftlicher als auch beruflicher Hinsicht gegenüber vergleichbaren Arbeitnehmern vor. Dieser Schutz soll nicht nur während der Amtszeit, sondern darüberhinausgehend für ein weiteres Jahr bestehen und kann auf zwei Jahre verlängert werden, wenn das Betriebsratsmitglied drei volle aufeinanderfolgende Amtszeiten freigestellt war (§ 38 Abs. 3 BetrVG). Welche Arbeitnehmer im konkreten Fall vergleichbar sind, kann in der Praxis unter Umständen – wie auch in dem vom BAG zu entscheidenden Fall – Schwierigkeiten bereiten.

Diese gesetzliche Regelung des § 37 Abs. 4 BetrVG konkretisiert das Benachteiligungsverbot gemäß § 78 S. 2 BetrVG. Gewährleistet werden soll die Unabhängigkeit von Betriebsratsmitgliedern. Aus diesem Grund ist eine Begünstigung von Betriebsratsmitgliedern gegenüber anderen vergleichbaren Arbeitnehmern ebenso verboten wie deren Benachteiligung.

Zur Bestimmung der Vergleichsgruppe sollen nach der ständigen Rechtsprechung des BAG diejenigen Arbeitnehmer herangezogen werden, die im Zeitpunkt der Amtsüberlassung ähnliche, im Wesentlichen gleich qualifizierte Tätigkeiten ausgeführt haben und dafür in gleicher Weise fachlich und persönlich qualifiziert waren wie das Betriebsratsmitglied.

Die betriebsübliche berufliche Entwicklung lässt sich anhand der normalen betrieblichen und personellen Entwicklungen messen. Entscheidend ist, ob der Arbeitgeber eine solche Entwicklung aufgrund gleichförmigen Verhaltens und von ihm aufgestellten Regeln erkennen lässt.

3. DIE ENTSCHEIDUNGEN

Die Besonderheit des Falles lag in der Vereinbarung eines einvernehmlichen Änderungsvertrags. Dieser wurde 2012 und damit nach dem Amtsantritt des klagenden Arbeitnehmers im Jahr 2010 geschlossen und steht einem Anspruch auf Vergütungserhöhung in der eingeklagten Höhe nach der jüngsten BAG-Entscheidung entgegen.

Bereits das Arbeitsgericht München hat in erster Instanz sowohl die Vergleichbarkeit der anderen Teamleiter als auch die betriebsübliche Entwicklung verneint.

Während das Arbeitsgericht die Klageabweisung vorwiegend mit der [...]

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Arbeitszeiterfassung – Die Dokumentation von Arbeitszeiten und deren Bedeutung für Unternehmen

1. DIE AUSGANGSLAGE – ENTSCHEIDUNG DES EUGH ZUR ARBEITSZEITERFASSUNG

Nachdem der EuGH im Jahr 2019 (Urteil vom 14. Mai 2019 – C-55/18 Federación de Servicios de Comisiones Obreras/Deutsche Bank SA) entschieden hatte, dass die Mitgliedsstaaten aufgrund der Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinie (2003/88/EG) dazu gehalten sind, Unternehmen dazu zu verpflichten, ein objektives, verlässliches und zugängliches Arbeitszeiterfassungssystem einzuführen, war die Verunsicherung in den Unternehmensführungsebenen erst einmal groß. In der gesetzgeberischen Praxis kühlt sich die erste Aufregung dann erwartungsgemäß ab. Obwohl seit der Entscheidung inzwischen fast drei Jahre vergangen sind, hat sich bis heute an der Rechtslage in Deutschland nichts geändert, was wohl auch an der parlamentarischen Covid 19 Vollauslastung der letzten Jahre liegt.

Bis zu einer Neuregelung des Arbeitszeitgesetztes bleiben die Folgen daher überschaubar. Das hat eine jüngst ergangene Entscheidung des BAG vom 4. Mai 2022 (PM zu 5 AZR 359/21) gezeigt. Aufgrund einer wohl zu viel beachteten Entscheidung des Arbeitsgerichts Emden aus dem Jahr 2020 (Urteil vom 9. November 2020 – 2 Ca 399/18) hatte sich das BAG mit der Frage auseinander zu setzen, ob die zur Arbeitszeitrichtlinie ergangene Entscheidung des EuGH auch Auswirkungen auf die nach deutschem materiellen und Prozessrecht entwickelten Grundsätze zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Überstundenvergütungsprozess hat, vereinfacht gesagt: Es geht darum, ob die (durch den EuGH geprägten) Vorgaben zur Erfassung der Arbeitszeit Folgen für die Frage haben, was Beschäftigte im Prozess für eine Überstundenvergütung darlegen müssen. Das wird interessant, wenn es Streit gibt, ob und welche Überstunden Arbeitnehmer:innen geleistet haben. Im Streit geht es oft darum, ob das Unternehmen diese Überstunden angeordnet, geduldet oder wenigstens gebilligt hat, was Voraussetzung für die entsprechende Vergütung ist. Typischerweise entsteht der Streit anlässlich der Beendigung, wenn Arbeitnehmer:innen die (eigene) Überstundendokumentation aus der Schublade holen und in die Waagschale des „Beendigungspakets“ legen.

2. DAS PROBLEM – ENTSCHEIDUNG DES ARBEITSGERICHTS EMDEN ZUR ÜBERSTUNDENVERGÜTUNG

Das Arbeitsgericht Emden hatte insofern (wiederholt) vertreten, dass aufgrund der Entscheidung des EuGH für Unternehmen nach § 618 BGB bzw. § 241 Abs. 2 BGB die Pflicht bestehe, geleistete Arbeitszeit mit einem den Vorgaben des EuGH entsprechenden Arbeitszeiterfassungssystem zu erheben. Mangels einer solchen Dokumentation, müsse die bisher geltende Darlegungs- und Beweislast modifiziert werden. Arbeitnehmer:innen sollten in einem Überstundenvergütungsprozess dann nur noch vortragen müssen, dass Arbeitszeiten geleistet wurden, die über die vertraglich vereinbarte oder tarifliche Arbeitszeit hinausgeht. Eine Anordnung, Billigung oder Duldung durch das Unternehmen sei nicht mehr erforderlich, wenn sich das Unternehmen aufgrund eines Arbeitszeiterfassungssystem Kenntnis von erbrachten Überstunden hätte verschaffen können. Eine positive Kenntnis der Überstunden sei dann nicht erforderlich.

Besonders interessant bei dieser Entscheidung war, dass in dem vom Arbeitsgericht zu entscheidenden Fall sogar ein Arbeitszeiterfassungssystem bestanden hatte. Der klagende Arbeitnehmer konnte sich aufgrund seiner Tätigkeit als Kurierfahrer jedoch lediglich morgens im System anmelden und abends nach Ende der Arbeit wieder abmelden. Das System erfasst also lediglich Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, ohne Auskunft darüber zu geben, ob und in welchem Umfang in der Zwischenzeit tatsächlich Arbeitszeit angefallen war. Genau hierum drehte sich dann auch der geführte Rechtsstreit, in dem der Kläger die vom Arbeitszeiterfassungssystem generierten [...]

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Öffentlichmachung von Prozessakten mit sensiblen Daten als fristloser Kündigungsgrund?

Nach einem aktuellen Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 25. März 2022 (7 Sa 63/21) kann die (betriebs-)öffentliche Zugänglichmachung von Schriftsätzen aus arbeitsgerichtlichen Verfahren mittels Dropbox, in denen u.a. Gesundheitsdaten von anderen Mitarbeitern enthalten sind, sogar die außerordentliche Kündigung eines langjährig beschäftigten Mitarbeiters und Betriebsratsmitglieds rechtfertigen. Zumindest auf der Grundlage der Pressemitteilung – und in Unkenntnis der Entscheidungsgründe des vollständigen Urteils – wirft der Kündigungssachverhalt insbesondere die Frage auf, in welchen Fällen und inwieweit Mitarbeiter an das Datenschutzrecht, insbesondere nach der DSGVO, gebunden und Verstöße hiergegen als Kündigungsgrund geeignet sind.

SACHVERHALT UND ARBEITSGERICHTLICHE ENTSCHEIDUNGEN

Der gekündigte Mitarbeiter war bereits seit über 20 Jahren beim Arbeitgeber beschäftigt und über 15 Jahre Mitglied des Betriebsrats. Die außerordentliche Kündigung, der der Betriebsrat nach § 103 BetrVG zustimmte, beruht auf dem Vorwurf, dass der Mitarbeiter Schriftsätze aus einem vorherigen Kündigungsschutzverfahren zwischen den Arbeitsvertragsparteien betriebsöffentlich bzw. einem größeren Verteilerkreis mittels Dropbox zugänglich gemacht hatte. In den Schriftsätzen waren insbesondere Gesundheitsdaten weiterer Mitarbeiter unter voller Namensnennung erhalten.

In der ersten Instanz hielt das Arbeitsgericht die außerordentliche Kündigung für wirksam, weil der Mitarbeiter durch sein Verhalten gegen Bestimmungen des Datenschutzes verstoßen habe. Dagegen wandte sich der Mitarbeiter mit seiner Berufung und argumentierte, dass ein Datenschutzverstoß von vornherein ausscheide, da die DSGVO gemäß Art. 2 Abs. 2c DSGVO nicht anwendbar sei. Nach Art. 2 Abs. 2 c) DSGVO findet die DSGVO keine Anwendung auf natürliche Personen zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten.
Das Landesarbeitsgericht wies die Berufung jedoch ab, wobei es nicht mehr auf einen Datenschutzverstoß abstellte. Der Arbeitnehmer habe, indem er die Schriftsätze durch einen beliebig weitervertreibbaren Link öffentlich zugänglich machte, eine rechtswidrige und schuldhafte Verletzung der Persönlichkeitsrechte der in den Schriftsätzen namentlich benannten Personen begangen. Dieses Verhalten könne auch nicht durch u.a. Verteidigungsinteressen des Arbeitnehmers gerechtfertigt werden.

WEN BINDET DIE DSGVO?

Wie sich aus dem zuvor genannten Art. 2 Abs. 2 c) DSGVO, der auch als „Haushaltsausnahme“ bezeichnet wird, ergibt, sind Personen bei ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeit nicht an die DSGVO gebunden. Dazu im Gegensatz stehen berufliche Tätigkeiten, die wiederum in den Anwendungsbereich des DSGVO fallen. Danach sind Verstöße gegen die DSGVO von Arbeitnehmern während ihrer arbeitsvertraglichen Tätigkeit grundsätzlich geeignet, eine Kündigung zu rechtfertigen.

Im vom Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg entschiedenen Fall ging es hinsichtlich der Veröffentlichung der Prozessakten offensichtlich nicht um eine Datenverarbeitung, die im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses zu Arbeitszwecken erfolgte, sondern um das – nach eigener Aussage des Mitarbeiters – Anliegen, Transparenz hinsichtlich des damaligen Kündigungssachverhalts zu schaffen. Folgerichtig hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg die Kündigung wohl auch nicht mehr auf einen potenziellen Datenschutzverstoß gestützt.

WORIN LIEGT DER MAßGEBLICHE ARBEITSRECHTLICH RELEVANTE VERSTOß?

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg stützt sich ausweislich der Pressemitteilung auf eine Persönlichkeitsrechtsverletzung durch die Veröffentlichung der Schriftsätze. Zunächst ist festzustellen, dass es keine explizite Norm gibt, wonach die Veröffentlichung von zivilrechtlichen Prozessakten untersagt ist. Gleichzeitig finden arbeitsgerichtliche Verhandlungen grundsätzlich öffentlich statt. Insofern besteht hinsichtlich der Prozessinhalte bereits keine besondere Vertraulichkeit, eher im Gegenteil. Davon abgesehen dürften Gesundheitsdaten anderer Mitarbeiter, die nicht aufgrund der konkreten Tätigkeit im Betrieb, sondern „beiläufig“ bekannt werden, nicht unmittelbar der [...]

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Mindestlohn und (Pflicht)Praktika – Neues vom BAG

Die weitere Erhöhung des Mindestlohns auf € 12,00 ist noch in diesem Jahr zu erwarten und stellt für Arbeitgeber eine zunehmende Belastungsprobe dar. Umso wichtiger erscheint es, zu wissen, welche Gruppen überhaupt mindestlohnberechtigt sind. Häufig betreffen die dahingehenden Unsicherheiten in der Praxis Praktikantinnen und Praktikanten. Hierzu regelt das Mindestlohngesetz (MiLoG), dass Pflichtpraktika ausdrücklich nicht in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen – doch gilt dies auch für Praktika, die erst Voraussetzung für die Zulassung zur Hochschule sind? Das BAG hat hierzu vergangene Woche eine Entscheidung getroffen.

Hintergrund

Die Klägerin hat sich bei einer privaten Universität für ein Medizinstudium beworben. Die Studienordnung der Universität setzt zur Zulassung ein sechsmonatiges Praktikum im Krankenpflegedienst voraus. Ein solches Pflegepraktikum hat die Klägerin bei der Beklagten absolviert, wobei sie gemäß der geschlossenen Vereinbarung hierfür keine Vergütung erhielt.

Im Anschluss machte sie für die geleistete Arbeit Mindestlohnansprüche in Höhe von über EUR 10.000 klageweise geltend. Sie war der Ansicht, das Mindestlohngesetz sei anwendbar, da es sich nicht um ein vom Anwendungsbereich ausgeschlossenes Pflichtpraktikum im Sinne des § 22 Abs. 1 S. 2 MiLoG handele. Dies setze nach dem Gesetzeswortlaut eine „hochschulrechtliche Bestimmung“ voraus, auf dessen Basis das Praktikum verpflichtend sei. Durch eine solche Bestimmung könne man jedoch nur zu einem Praktikum verpflichtet werden, wenn man dieser Bestimmung bereits im Rahmen eines besonderen Gewaltverhältnisses oder eines Vertragsverhältnisses zwischen der Universität einerseits und dem eingeschriebenen Studenten andererseits unterliege. Das sei nach Ansicht der Klägerin bei ihr aber nicht der Fall gewesen, weil das Praktikum erst Voraussetzung für eine Bewerbung an der Universität gewesen sei.

Die Entscheidung

Das BAG hat die Klage wie auch schon das LAG Rheinland-Pfalz als Vorinstanz abgewiesen. Der bislang ausschließlich vorliegenden Pressemitteilung des BAG lässt sich entnehmen, dass es bei seiner Entscheidung für unerheblich hielt, ob ein Pflichtpraktikum im Sinne des § 22 Abs. 2 S. 2 MiLoG während des Studiums stattfindet oder aufgrund einer Studienordnung erst Voraussetzung für die Zulassung zum Studium ist. Auch das LAG hatte insoweit bereits angeführt, dass die Gesetzesmaterialien für ein weites Begriffsverständnis sprechen würden. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens habe sich der Gesetzgeber bewusst dafür entschieden, statt des engeren Begriffs der „Studienordnung“ den weiter gefassten Begriff der „hochschulrechtlichen Bestimmung“ in den Gesetzestext aufzunehmen, womit ausdrücklich auch Zulassungsordnungen, welche die Absolvierung eines Praktikums als Voraussetzung zur Aufnahme eines bestimmten Studiums verpflichtend vorschreiben, erfasst sein sollten.

Dabei komme es nach dem BAG auch nicht darauf an, ob die Universität staatlich ist und damit auch die Zulassungsvoraussetzungen von staatlicher Seite geschaffen worden seien. Allein maßgeblich sei, ob die Universität – wie im vorliegenden Fall – von staatlicher Seite anerkannt worden ist. Hierdurch sei die von der Universität erlassene Zugangsvoraussetzung im Ergebnis einer öffentlich-rechtlichen Regelung gleichgestellt und damit gewährleistet, dass durch das Praktikumserfordernis in der Studienordnung nicht der grundsätzlich bestehende Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn für Praktikanten sachwidrig umgangen werde.

Fazit

Die Entscheidung des BAG ist überzeugend und in der Sache eindeutig: Arbeitgeber, die Praktika anbieten, welche als Voraussetzung zur Zulassung von Hochschulen verpflichtend sind, können aufatmen. Auch weiterhin fallen solche Pflichtpraktika nicht in den [...]

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Nach Corona ist vor Corona: Das Ende der epidemischen Lage im Arbeitsrecht

Am 24. November 2021 läuft die Feststellung der „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ aus, die der letzte Bundestag im August 2021 noch einmal verlängert hatte. Es sieht nicht danach aus, dass der neu konstituierte Bundestag eine weitere Verlängerung beschließt. Stattdessen soll eine Übergangslösung bis März 2022 entwickelt werden, die den Ländern gewisse Handlungsspielräume zum eigenständigen Erlass von Corona-Maßnahmen erlässt. Offenbar bauen die Länder auf diese Übergangslösung, da z.B. in Bayern noch am 3. November 2021 und in Sachsen am 19. Oktober 2021 neue Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie auf Basis der Bundesgesetze, die eine epidemische Lage voraussetzen, beschlossen wurden. Wir wagen einen Ausblick auf die Rechtslage nach dem Ende der epidemischen Lage.

1. Ende der Corona-Arbeitsschutzverordnung

Zeitgleich mit dem Ende der epidemischen Lage läuft am 24. November 2021 auch die Corona-ArbSchV aus. Nach einer Verlängerung sieht es nicht aus.

Was fällt weg?

Mit dem Auslaufen entfällt unter anderem die Pflicht zur Bereitstellung von Corona Selbsttests (2 pro Woche) und die Erstellung eines betrieblichen Hygienekonzepts.

Was gilt dann?

Es ist wahrscheinlich, dass der Bundestag noch im November 2021 eine Änderung des IfSG beschließt, die eine Übergangsregelung mit (eingeschränkten) Kompetenzen der Länder vorsieht. Der Gesetzesentwurf des (inzwischen nur) geschäftsführenden Bundesgesundheitsministerium soll vorliegen. Insbesondere soll den Ländern erlaubt sein, über die Maskenpflicht, Zugangsregeln nur für Geimpfte, Genesene und Getestete, Hygienekonzepte, Abstandsgebote und Kontaktdaten-Erfassung zu entscheiden. Bayern hat am 3. November 2021 eine Interimsregelung beschlossen, bei der es vor allem um die Maskenpflicht in Schulen und um Hotspots geht. Ausweislich der Pressemitteilung der Bayrischen Staatskanzlei vom 3. November 2021 appelliert Bayern an den Bund, den Ländern weiterhin eine adäquate Pandemiebekämpfung zu ermöglichen. Die Ministerpräsidenten der Länder haben zudem den Bund aufgefordert, weiterhin einheitliche Regelungen für die Bekämpfung der Corona Pandemie zu schaffen.

Am Beispiel der Bayrischen Interimsregelung lässt sich in etwa die Richtung erkennen, was im Arbeitsrecht kommen könnte: Neben der temporären Rückkehr der Maskenpflicht an Schulen gibt es auch arbeitsrechtlich relevante Änderungen. Neben dem bekannten Inzidenzwert richten sich die Maßnahmenampel jetzt auch nach den zur Verfügung stehenden Intensivbetten. Die rote Phase kann dabei auch unter spezielle Voraussetzungen in Hotspots erreicht werden. Sobald die rote Stufe (Belegung von mehr als 600 Intensivbetten mit Covidpatienten) erreicht ist, gilt in Betrieben mit mehr als 10 Beschäftigten oder für Beschäftigte, die während ihrer Arbeit Kontakt zu anderen Personen haben (egal ob Kunden, andere Beschäftigte oder sonstige Personen) 3G als Zugangsregelung. Ausgenommen davon sind insbesondere Handel und der ÖPNV. Für die 3G Regel soll weiterhin ein Selbsttest zweimal pro Woche ausreichen. Zudem werden die Zugangsbeschränkungen mit Erreichen der roten Stufe verschärft: Wo bisher 3G galt, gilt 3Gplus (PCR Test), wo bereits 3Gplus galt, gilt 2G. Schließlich werden auch die Quarantäne Regelungen angepasst. Die Quarantänedauer wird für enge Kontaktpersonen auf mindestens sieben, in Regionen mit hohem Infektionsgeschehen sogar auf zehn Tage erhöht, wobei eine vorherige Freitestung nicht möglich sein soll.

Noch unklar ist, ob der der Arbeitgeber den Test qua Weisungsrecht anordnen kann oder den Zutritt verwehren muss und Beschäftigte, die den Test verweigern, den Lohnanspruch verlieren. Darauf deutet [...]

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Mindestlohn auch für Bereitschaftszeit in 24 – Stunden Pflege: Läutet das BAG das Ende der privaten Pflege ein?

Ende 2019 belief sich die Anzahl der pflegebedürftigen Menschen in Deutschland auf 4,13 Millionen und hat sich damit gegenüber dem Jahr 2000 verdoppelt. Der Pflegenotstand zwingt viele Menschen dazu, auf ausländische, in der Regel osteuropäische Pflegekräfte zurückzugreifen. Diese wohnen meistens direkt bei den pflegebedürftigen Menschen vor Ort oder im Haus. Sie sind rund um die Uhr erreichbar, was die Pflege auch meist fordert. Aber welcher Angehörige kann einen 24h Dienst bezahlen? Gängig war eine vertraglich vereinbarte Stundenanzahl zu bezahlen, die sich höchstens an der tatsächlichen Arbeitsleistung orientierte und damit keine Bezahlung für sog. Bereitschaftszeit vorsah. Nach einer aktuellen Entscheidung des BAG (Urt. v. 24. Juni 2021 – 5 AZR 5050/20 PM) können Pflegekräften jedoch auch für den Bereitschaftsdienst jedenfalls den gesetzlichen Mindestlohn verlangen. Die Entscheidung liegt nur als Pressemitteilung vor, hat es aber in sich und wird den Pflegenotstand wohlmöglich massiv verschlimmern. Zu den Hintergründen und Auswirkungen dieser Entscheidungen lesen hier:

Die Entscheidung der Instanz

So ganz groß war die Überraschung nicht. Bereits das LAG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 17. August 2020 – 21 Sa 1900/19) hatte entschieden, dass die Verpflichtung zur Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns auch ausländische Arbeitgeber betrifft, wenn sie Arbeitnehmer nach Deutschland entsenden. Geklagt hatte eine bulgarische Pflegekraft, die geltend machte, über die arbeitsvertraglich vereinbarten 30 Wochenstunden hinaus rund um die Uhr gearbeitet oder zumindest in Bereitschaft gewesen zu sein. Für ihre Tätigkeit in ca. sieben Monaten verlangte sie statt der tatsächlich erhaltenen 6.680 EUR netto 42.636 EUR brutto. Das LAG entsprach der Klageforderung, stand aber vor dem Problem, schätzen zu müssen, wieviel die Klägerin tatsächlich gearbeitet hatte oder in Bereitschaft war. Es schätze die zu vergütende Zeit auf satte 21 Stunden pro Tag. Wer sich fragt, wie das arbeitszeitlich eigentlich funktionieren kann (Bereitschaftsdienst zählt nach dem Verständnis des BAG zur Arbeitszeit), dem antwortet § 18 Abs. 1 Nr. 3 ArbZG. Für häusliche Pflegekräfte gilt das ArbeitszeitG nicht, wobei die Zweifel lauter werden, ob das europarechtskonform ist. Hier ging es aber um die Vergütung, die jedenfalls in Höhe des Mindestlohns auch für Bereitschaftsdienstzeiten anfällt.

Die Entscheidung des BAG

Das BAG bestätigte grundsätzlich die Entscheidung des LAG: Für den Bereitschaftsdienst fällt der gesetzlichen Mindestlohn an, auch wenn die Arbeitnehmer aus dem Ausland entsandt werden. Dennoch verwies es die Sache zurück an das LAG Berlin-Brandenburg, das nach Ansicht des BAG hinsichtlich der Schätzung von 21 Stunden Bereitschaftsdienst pro Tag die gegenteiligen Aussagen des Arbeitgebers nicht ausreichend berücksichtigt hatte. Der betroffene Entsender aus Bulgarien wird darlegen müssen, dass in 24 Stunden ein großer Anteil nicht mindestens Bereitschaftsdienst war, was eine gewisse Herausforderung ist, wenn man gleichzeitig von der Pflegekraft erwartet, im Notfall zur Stelle zu sein.

Was heißt das?

Auch ohne die endgültige Entscheidung des LAG, die das Ergebnis des BAG kaum korrigieren kann, steht fest. Dieses Modell der privaten Pflege wird für Pflegebedürftige teuer bis unbezahlbar. Undurchführbar erscheint, einen Teil der Zeit als Rufbereitschaft auszugestalten, weil der Pflegekraft dann die Wahl des Aufenthaltsortes frei bleiben müsste. Das Modell steht vor dem Aus.

Man kann über den Mindestlohn denken was man [...]

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Kurzarbeit: Was passiert, wenn Mitarbeiter zu viel Kurzarbeitergeld erhalten haben?

Die gesetzlichen Bestimmungen zur Kurzarbeit im SGB III sind – diplomatisch ausgedrückt – nicht zwingend anwenderfreundlich, sondern eher fehleranfällig. Als es 2020 praktisch von jetzt auf gleich zu einem bundesweiten Stillstand großer Teile der Wirtschaft kam, sahen sich viele Unternehmen erstmals und plötzlich mit Kurzarbeit konfrontiert. Erfahrungen mit den Voraussetzungen und Anträgen bestanden nicht zwingend. An sich besteht ein Beratungsanspruch gegenüber der Agentur für Arbeit, die bei den Anträgen helfen soll. Aber die war überlastet und hat Anträge mehr oder weniger durchgewunken – alles musste schnell gehen. Die Mischung aus Fehlern bei Anträgen auf Unternehmensseite und fehlender Kontrolle durch die Arbeitsagentur ist explosiv und führt zu Korrekturbedarf. Für die Agenturen ist die Korrektur und Rückforderung von zu Unrecht gewährten Leistungen meist einfach, weil nur vorläufige Bescheide ergingen. Etwas komplizierter ist die Rückforderung bei den Arbeitnehmern, wenn fälschlicherweise zuviel Kurzarbeitergeld gezahlt wurde, wobei die Chancen auch hier gut sind. Was dies für die Unternehmen bedeutet erläutern wir im Folgenden:

Wie wird Kurzarbeit beantragt und ausgezahlt?
Kurzarbeitergeld (KUG) wird nicht direkt von der Bundesagentur an die Mitarbeiter gezahlt, das Unternehmen übernimmt die Rolle des Treuhänders, der das Kurzarbeitergeld in der Regel als Vorschuss an die Mitarbeiter zahlt und sich auf Antrag von der Bundesagentur erstatten lässt. Das Antragsverfahren ist dabei zweistufig. Zunächst zeigt das Unternehmen den Arbeitsanfall an (§ 99 Abs. 2 SGB III) und nach Bewilligung durch die Agentur für Arbeit musst das Unternehmen monatliche Anträge auf Auszahlung stelle. In diesem Moment haben die Mitarbeiter das vom Unternehmen nach § 106 SGB III berechnete KUG bereits erhalten, rechtlich also als Vorschuss, der mit der Erstattung der Agentur für Arbeit verrechnet wird.

Die Berechnung des Kurzarbeitergeldes erfolgt durch das Unternehmen. Hält die Berechnung einer Plausibilitätskontrolle stand, erfolgt die Zahlung in der Regel innerhalb von 15 Tagen im Rahmen einer vorläufigen Entscheidung, § 328 Abs. 1 Nr. 3 SGB III. In der Regel sollten die Bescheide innerhalb von 7 Monaten nach der KUG Auszahlung abschließend geprüft werden. Das Verfahren endet mit der Entscheidung der Agentur für Arbeit, ob die vorläufigen Entscheidungen bestehen bleiben oder abgeändert werden.

Wenn das Unternehmen das KUG richtig errechnet hat, ergeben sich dabei meist nur Korrekturen, weil die Anzahl der Kurzarbeitstage korrigiert wird. Die Agentur für Arbeit korrigiert das dann meist durch Verrechnung mit der nächsten Erstattung.

Rückforderungsmöglichkeiten der Agentur für Arbeit bei Überzahlungen
Das Problem entsteht, wenn die Berechnung des vorgeschossenen KUG nicht stimmt und zuviel KUG an die Mitarbeiter gezahlt wurde. Die Bundesagentur Agentur für Arbeit kann das Kurzarbeitergeld in Fällen von Überzahlungen vom Arbeitgeber zurückverlangen und zwar in der Regel nach § 328 Abs. 3 SGB III, weil der Bewilligungsbescheid nur vorläufig ergangen ist (Wenn dagegen ein endgültiger Bescheid ergangen ist, erfolgt dir Korrektur nach §§ 108 Abs. 3 SGB III und § 321 Nr. 3 iVm § 320 Abs. 1 SGB III).

Müssen die Arbeitnehmer dann das zu viel erhaltene Kurzarbeitergeld an den Arbeitgeber zurückzahlen?
Bei vorläufigen Bescheiden könnte sich der Arbeitgeber auf den Standpunkt stellen, dass Kurzarbeitergelder Vorschusszahlungen sind und damit [...]

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UPDATE Kurzarbeit: COVID-19-Erleichterungen sollen bis 30. September 2021 gelten

UPDATE Kurzarbeit: Covid 19 Erleichterungen sollen bis 30. September 2021 gelten

Am 9. Juni 2021 hat das Bundeskabinett dem Entwurf zur 3. Verordnung zur Änderung der Kurzarbeitergeldverordnung zugestimmt. Der Staat möchte damit die von der langen Dauer der Pandemie finanziell stark belasteten Unternehmen weiter entlasten. Ein Instrument der Stunde bleibt also weiterhin Kurzarbeit, wobei die gelegentlich geäußerte Befürchtung einer wachsenden Anzahl von „Zombie Unternehmen“, die sich nur noch durch Kurzarbeit über Wasser halten, im BMAS nicht zu grassieren scheint. Ob die Kurzarbeit vor dem Hintergrund des zunehmenden Abbaus Covid-19-bedingter Restriktionen noch eine große Rolle spielt, bleibt abzuwarten. Die wichtigsten Fragen beantwortet:

Was regelt die Verordnung?
Nach der Verordnung will die Bundesregierung den erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld sowie die volle Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge für nicht-insolvente Arbeitgeber bis Ende September verlängern. Bisher galt der erleichterte Zugang lediglich für Betriebe, die bis Ende Juni mit Kurzarbeit begonnen haben. Ab Oktober 2021 soll schließlich nur noch die Hälfte der Sozialversicherungsbeiträge erstattet werden, es sei denn, ein Unternehmen bietet im Rahmen der Kurzarbeit eine Qualifizierung an. Letzteres haben vor allem die Gewerkschaften forciert.

  • Änderungen an den Voraussetzungen zur Gewährung der Kurzarbeit sollen nicht eintreten. Das heißt, dass auch weiterhin diejenigen Unternehmen von Kurzarbeit profitieren, deren Arbeitsausfall nicht Corona-bedingt ist. Das begünstigt zum Beispiel diejenigen Betriebe, die aufgrund der Ressourcenknappheit in der Halbleiterindustrie weniger Aufträge erhalten.

Je länger die Kurzarbeit desto größer die Probleme
Unsere Beratungspraxis zeigt, dass mit längerer Kurzarbeit trotz der damit verbundenen Entlastung die Probleme nicht kleiner werden. Aktuell geht es dabei um die folgenden Fragen:

Change zum Personalabbau
Bei längerer Kurzarbeit kann sich abzeichnen, dass die Arbeitsplätze doch nicht gerettet werden oder mit dem Worten des SGB III, dass aus einem vorübergehenden Arbeitsausfall ein endgültiger (werden) wird. In diesem Fall muss die Kurzarbeit für die betroffenen Mitarbeiter beendet werden. Denn die Prognose, dass es sich nur um einen vorübergehenden Ausfall handelt, hat sich geändert. Betriebsvereinbarungen sollten vorsehen, dass einzelnen Betriebsabteilungen in diesem Fall aus der Kurzarbeit genommen werden können.




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