Arbeitsunfähigkeit
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Krankenstand so hoch wie nie: Was können Arbeitgeber tun?

Die Statistiken sind eindeutig: Im Jahr 2023 fehlten Arbeitnehmer in Deutschland krankheitsbedingt durchschnittlich 15,2 Tage. Damit hat der Krankenstand in Deutschland einen neuen Höchstwert erreicht. Oft bestehen Bedenken, ob die Arbeitnehmer wirklich arbeitsunfähig sind und selbst wenn nicht, können die Einschränkungen im Betriebsablauf in Extremfällen nur schwer getragen werden. Allerdings sehen sich Arbeitgeber häufig machtlos, wenn sich Arbeitnehmer rechtzeitig ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bescheinigen lassen. Was sie trotzdem tun können, beleuchtet dieser Beitrag:

Häufige Kurzerkrankungen

In der Praxis erleben wir immer häufiger Fälle, in denen Mitarbeiter viele eher kürzere Neuerkrankungen haben und so immer wieder neue Entgeltfortzahlungszeiträume auslösen. Das kann neben der finanziellen Belastung auch zu erheblichen Störungen im Betriebsablauf führen. Der Arbeitgeber ist mit Entgeltfortzahlungszeiträumen belastet, die deutlich über die vom Gesetzgeber an sich als Obergrenze vorgesehene Belastungsgrenze von sechs Wochen hinausgehen. Da allerdings Kurzausfälle meist eher auf leichteren Erkrankungen (Erkältungen, Magen-Darm Probleme, Kopfschmerzen etc.) beruhen, die jeweils vollständig auskuriert sind, ist die für eine Kündigung erforderliche negative Gesundheitsprognose nicht ohne Weiteres zu begründen. Das LAG Schleswig-Holstein (Urteil vom 3. 11. 2005 – 3 Sa 320/05, NZA-RR 2006) hat jedoch in einer älteren, aber aus unserer Sicht zu wenig beachteten Entscheidung festgestellt, dass auch Krankheiten, die

auf Grund einer persönlichen konstitutionellen Schwäche derart gehäuft aufgetreten sind, mithin angesichts unveränderter Lebensumstände auch künftig in ähnlichem Umfang auftreten werden

geeignet sein können, eine krankheitsbedingte Kündigung zu rechtfertigen. Hierfür ist jedoch in aller Regel ein Referenzzeitraum von zwei Jahren notwendig. So hat das LAG Düsseldorf (Urteil vom 17.5.2022 – 14 Sa 825/21) entschieden, dass eine krankheitsbedingte Kündigung mit 36 Fehltagen im ersten und 82 Fehltagen im zweiten Jahr, rechtswirksam war.

Als Orientierungshilfe wird man jedenfalls sagen müssen, dass Krankheitstage in Höhe von weniger als 6 Wochen im Normalfall nicht ausreichen, um eine Kündigung zu tragen, denn für diesen Zeitraum müssen Arbeitgeber ohnehin Entgeltfortzahlung leisten. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn in diesem Zeitraum bereits feststeht, dass der Arbeitnehmer für einen langen Zeitraum nicht arbeiten können wird. Bei einer solchen Dauererkrankung sind in Einzelfällen vier Monate als für eine Kündigung ausreichend lang angesehen worden. Hier kommt es jedoch immer auf den konkreten Fall an, allgemeine Aussagen lassen sich nicht treffen.

Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit – Einstellung der Entgeltfortzahlung?

Wenn Arbeitgeber den begründeten Verdacht haben, dass der Arbeitnehmer seine Krankheit nur vortäuscht, allerdings keine stichhaltigen Beweise vorliegen, liegt eine Handlungsmöglichkeit darin, die Entgeltfortzahlung einzustellen. Dem Arbeitnehmer bleibt dann nur der Weg zum Gericht. In einem Prozess wird der Arbeitgeber den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit konkreten Zweifeln am Vorliegen einer Erkrankung erschüttern müssen. Das kann der Fall sein, wenn die Erkrankung passgenau die verbleibende Dauer des Arbeitsverhältnisses abdeckt oder aber auch dann, wenn der Sechs-Wochen-Zeitraum der Entgeltfortzahlung abgelaufen ist und sich passgenau eine Neuerkrankungen anschließt. In diesen Fällen bringt die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dem Arbeitnehmer nur wenig. Er muss zusätzlich darlegen und ggf. beweisen, welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen sich in welcher Weise auf seine Arbeitsfähigkeit ausgewirkt haben. Außerdem muss er die behandelnden Ärzte von ihrer Schweigepflicht entbinden. Nur wenn das Gericht dann, möglicherweise nach Zeugenbefragung der Ärzte, von [...]

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Erschütterung des AU-Beweiswertes bei passgenauer Krankschreibung

Folgt auf die Kündigung des Arbeitgebers die Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, die den Zeitraum bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses passgenau abdecken, kann deren Beweiswert erschüttert sein. Das BAG setzt in seinem jüngst veröffentlichten Urteil vom 13. Dezember 2023 (Az. 5 AZR 137/23) seine zur Arbeitnehmerkündigung ergangene Rechtsprechung fort und akzeptiert die Erschütterung unabhängig von der kündigenden Partei und der Anzahl vorgelegter Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Verlangt der Arbeitnehmer trotz Erschütterung des Beweiswertes Entgeltfortzahlung, trägt er die volle Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit.

1. HINTERGRUND

Am 2. Mai 2022 sprach die Beklagte, ein Unternehmen im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung, gegenüber dem bei ihr angestellten Kläger die ordentliche Kündigung mit Wirkung zum 31. Mai 2022 aus. Zugegangen war die Kündigung am Folgetag, dem 3. Mai 2022. Mit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 2. Mai 2022 meldete sich der Kläger zunächst bis zum 6. Mai 2022, mit Folgebescheinigungen vom 6. und 20. Mai 2022 anschließend bis zum 31. Mai 2022 ununterbrochen arbeitsunfähig krank. Unmittelbar im Anschluss an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nahm der Kläger zum 1. Juni 2022 seine neue Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber auf. Mit seiner Klage machte der Kläger die Entgeltfortzahlung für den Zeitraum vom 2. bis zum 31. Mai 2022 geltend, die die Beklagte zuvor wegen der zeitlichen Koinzidenz von Arbeitsunfähigkeit und Kündigungsfrist verweigert hatte.

2. DIE ENTSCHEIDUNG

Während die Vorinstanzen der Klage vollumfänglich stattgaben, ist nach dem BAG zu differenzieren. Soweit die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 2. Mai 2022 vor Ausspruch der Kündigung und ohne Kenntnis des Klägers über die Kündigungsabsichten der Beklagten vorgelegt worden ist, genüge sie zur Darlegung der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit. Dem Kläger stehe daher für diesen Zeitraum der geltend gemachte Entgeltfortzahlungsanspruch zu.

Anders verhalte es sich für den Zeitraum zwischen dem 7. und 31. Mai 2022. Die zeitliche Koinzidenz zwischen vermeintlicher Arbeitsunfähigkeit und Auslaufen der Kündigungsfrist sei geeignet, den Beweiswert der ärztlichen Bescheinigungen zu erschüttern. Dabei sei unerheblich, dass die Kündigung durch den Arbeitgeber ausgesprochen worden ist, zuvor eine berechtigte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegen hat und der Zeitraum nicht mittels eines Attests, sondern durch zwei Folgebescheinigungen abgedeckt worden ist. Letzteres resultiere bereits im Wesentlichen aus der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie, die eine Krankschreibung für in der Regel zwei Wochen, maximal jedoch für vier Wochen, zulässt. Insbesondere bei längeren Kündigungsfristen wäre andernfalls eine Erschütterung des Beweiswerts regelmäßig ausgeschlossen, da sie mithilfe einer einzigen Bescheinigung nicht zu erfassen wären. Die plötzliche Genesung und Tätigkeitsaufnahme beim neuen Arbeitgeber zum 1. Juni 2022 bei zuvor passgenauer Verlängerung begründe daher Zweifel an den ärztlichen Bescheinigungen und führe zur Erschütterung deren Beweiswerte.

Gleichwohl bedarf es stets einer einzelfallbezogenen Würdigung der Gesamtumstände. So sei ein Indiz gewesen, dass die ersten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen jeweils zu einem Freitag, davon abweichend die letzte exakt zum 31. Mai 2022, einem Dienstag, ausgestellt worden sind.

An den Vortrag des Arbeitgebers dürften keine allzu großen Anforderungen gestellt werden. Da ihm naturgemäß eine Kenntnis über Art und Ausmaß etwaiger Erkrankungen verwehrt ist, habe er keine Tatsachen darzulegen, die das Gegenteil beweisen, sondern lediglich Zweifel begründen. Ist der Beweiswert erschüttert, entfällt zwar nicht automatisch der Entgeltfortzahlungsanspruch. [...]

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So bereiten sich Arbeitgeber auf die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor

Am 1. Januar 2023 ist es so weit – die elektronische AU-Bescheinigung kommt (endlich) auch ins Unternehmen. Bislang waren lediglich Ärztinnen und Ärzte verpflichtet, die Daten zur AU-Bescheinigung elektronisch weiterzugeben. Ab dem 1. Januar 2023 sind hiervon auch Arbeitgeber erfasst. Arbeitnehmende werden nicht mehr verpflichtet sein, den „gelben Schein“ beim Arbeitgeber vorzulegen. Vielmehr muss der Arbeitgeber selbst initiativ werden und die Daten bei der Krankenkasse anfordern. Dies gilt allerdings nur im Hinblick auf gesetzlich versicherte Arbeitnehmende.

1. DAS WICHTIGSTE AUF EINEN BLICK

Während bislang die Arbeitnehmenden verpflichtet waren, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ihrem Arbeitgeber spätestens am vierten Tage der AU vorzulegen, muss der Arbeitgeber die Daten zur Arbeitsunfähigkeit nun selbst abrufen. Die gesetzliche Regelung dieser Änderung wird in dem neuen § 5 Abs. 1a EFZG zu finden sein.

Die Pflicht, eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit sowie die voraussichtliche Dauer dem Arbeitgeber unverzüglich anzuzeigen, bleibt für Arbeitnehmende aber unverändert bestehen. Statt aber nun spätestens am vierten Tag eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen zu müssen, sind Arbeitnehmende nun nur noch verpflichtet, die Arbeitsunfähigkeit am dritten Tag ärztlich feststellen lassen. Zudem sollten sich Arbeitnehmende eine Bescheinigung für sich selbst aushändigen lassen.

Die Arztpraxis übermittelt die Daten nach der Feststellung an die gesetzliche Krankenkasse. Diese erstellt eine Meldung, welche Namen, Beginn und Ende der Arbeitsunfähigkeit, das Datum der ärztlichen Feststellung sowie eine Kennzeichnung als Erst- oder Folgebescheinigung enthält. Auch ist anzugeben, ob Anhaltspunkte für einen Unfall bestehen.

Die Meldung übermittelt jedoch nicht die Krankenkasse an den Arbeitgeber. Vielmehr muss dieser selbst aktiv werden und die Meldung elektronisch bei der Krankenkasse abrufen. Die jeweiligen medizinischen Inhalte und Diagnosen werden dabei nicht mitgeteilt.

Das beschriebene Verfahren greift nicht bei Privatversicherten sowie bei Aufsuchen einer Ärztin oder eines Arztes, welcher nicht an der kassenärztlichen Versorgung teilnimmt.

2. UMGANG MIT TECHNISCHEN FEHLERN

Fraglich sind die Folgen bei technischen Fehlern, etwa einer fehlgeschlagenen oder fehlerhaften Übermittlung der Daten an die Krankenkasse oder beim Abruf durch den Arbeitgeber. Die Nachweispflicht für das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung der Entgeltfortzahlung trifft nach wie vor die Arbeitnehmenden. Sie müssen das Vorliegen außerprozessual und prozessual nachweisen. Daher sollen sich Arbeitnehmende auch weiterhin eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform aushändigen lassen.
Ob Arbeitgeber in solchen Fällen berechtigt sind, entsprechend der Vorschrift des § 7 EFZG, die Entgeltfortzahlung zu verweigern, ist unklar. Eine Anpassung der gesetzlichen Vorschrift, wonach eine Verweigerung möglich ist, solange Arbeitnehmende die vorzulegende ärztliche Bescheinigung nicht vorlegen, dahingehend, dass dies auch im Falle der fehlenden Feststellung gilt, ist nicht erfolgt.

3. BETEILIGUNG BETRIEBSRAT?

Arbeitgeber, bei denen ein Betriebsrat besteht, müssen diesen unter Umständen beteiligen. Zwar steht dem Betriebsrat grundsätzlich kein Beteiligungsrecht im Hinblick auf die Erfüllung der Anzeige-, Nachweis- und Feststellungspflichten der Arbeitnehmenden zu. Doch sind im Zusammenhang mit der eAU Mitbestimmungsrechte im Einzelnen zu prüfen.

So könnten Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG betroffen sein. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats kommt nur in Betracht, soweit keine gesetzliche Regelung besteht. Eine solche existiert hinsichtlich der eAU aber gerade aufgrund des neuen § 5 Abs. 1a EFZG. [...]

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Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigungen

Telefonische Krankschreibung und Videosprechstunde

Durch Entscheidung des gemeinsamen Bundesausschusses gilt seit dem 4. August 2022 erneut, dass sich Arbeitnehmer:innen bis zu sieben Tage telefonisch krankschreiben lassen können. Die Regelung gilt befristete bis zu 30. November 2022 und nur bei Atemwegserkrankungen. Doch welche Bedeutung kommt einer Krankschreibung zu? Welches Verfahren ist zu beachten? Was gilt sonst bei Krankschreibungen mittels Videosprechstunden?

1. ANSCHEINSBEWEIS

Einer ordnungsgemäß ausgestellten ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kommt als vom Gesetzgeber vorgesehener Beweis einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit ein hoher Beweiswert zu. Sie begründet zwar nicht eine gesetzliche Vermutung mit der Folge, dass nur der Beweis des Gegenteils zulässig wäre. Ihr kommt jedoch die Wirkung einer tatsächlichen Vermutung als Anscheinsbeweis zu. Unternehmen müssen daher den Anscheinsbeweis der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttern, wenn sie Entgeltfortzahlung verweigern möchten oder die Arbeitsunfähigkeit aus anderen Gründen in Abrede stellen möchten. Hierzu müssen Tatsachen vorgetragen werden, die ernsthafte Zweifel an der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit ergeben (bspw. durch vorherige Ankündigung der Arbeitsunfähigkeit; wiederholter zeitlicher Zusammenhang mit Feiertagen und/oder Urlaub).

Sofern Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen – wie in Deutschland gesetzlich vorausgesetzt – zwischen Krankheit und Arbeitsunfähigkeit unterscheiden, kommt auch im Ausland ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen grundsätzlich derselbe Beweiswert zu.

2. VERFAHREN ZUR FESTSTELLUNG DER ARBEITSUNFÄHIGKEIT 

Nach § 4 der geltenden Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 SGB V (AU-RL) hat die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ausschließlich aufgrund einer unmittelbar persönlichen oder mittelbar persönlichen ärztlichen Untersuchung im Wege einer Videosprechstunde zu erfolgen. Letzteres ist dabei nur zulässig, wenn die Erkrankung dies nicht sowieso ausschließt. Bei erstmaliger Feststellung soll im Falle der Videosprechstunde der Zeitraum der Bescheinigung drei Tage zudem nur überschreiten dürfen, wenn die Person, über deren Arbeitsunfähigkeit beschieden wird, ärztlich bereits aus vorherigen Kontakten persönlich bekannt ist. Eine Folgebescheinigung im Wege der Videosprechstunde scheidet bei fehlender vorausgegangener unmittelbar persönlicher Untersuchung und bereits entsprechender Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit aufgrund derselben Krankheit sogar insgesamt aus.

Werden diese Anforderungen missachtet, ist davon auszugehen, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht den Anforderungen des § 5 EFZG genügt und Unternehmen diese damit als nicht ausreichend zurückweisen können. Auch ein Anscheinsbeweis kann einer solchen Bescheinigung daher nicht zukommen.

Eine Ausnahme hiervon gilt nun allerdings weiterhin aufgrund der Coronapandemie: Gem. § 8 Abs. 1 S. 2 AU-RL darf die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Erkrankungen der oberen Atemwege, die keine schwere Symptomatik vorweisen, für einen Zeitraum von bis zu sieben Kalendertagen auch nach telefonischer Anamnese und zwar im Wege der persönlichen ärztlichen Überzeugung vom Zustand begutachteten Person durch eingehende telefonische Befragung erfolgen. Auch das Fortdauern der Arbeitsunfähigkeit kann im Wege der telefonischen Anamnese einmalig für einen weiteren Zeitraum von bis zu sieben Kalendertagen festgestellt werden.

3. FORMELLE ANFORDERUNGEN AN ARBEITSUNFÄHIGKEITSBESCHEINIGUNGEN 

Weiterhin ist nicht geklärt, ob die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Sinne des § 5 EFZG der Schriftform gemäß § 126 BGB (Originalunterschrift auf Papier) bedarf. Die überwiegende Auffassung geht jedoch davon aus. Eine nur eingescannte Unterschrift genügt daher als Nachweis für eine Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich nicht aus. Auch digital ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen entsprechen daher nicht den gesetzlichen Anforderungen. Entsprechende Angebote, die im Internet kursieren, können im Zweifel [...]

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Beschlossene Änderung des Nachweisgesetzes

Der Bundestag hat gestern das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1152 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union (ABl. L 186 vom 11.7.2019, S. 105) („Richtlinie“) beschlossen. Dies sieht unter anderem eine Änderung des Nachweisgesetzes (NachwG) vor, nach dem Arbeitgeber ihre Mitarbeitenden über die wesentlichen Arbeitsbedingungen in schriftlicher Form zu unterrichten haben. Für Unternehmen werden weitere Hinweise an die Mitarbeitenden notwendig, einer flächendeckenden Änderung von Arbeitsverträgen bedarf es allerdings nicht. Dramatischer ist da die eindeutige Absage an digitale Arbeitsverträge. Ein Überblick:

ÄNDERUNGEN DES NACHWEISGESETZES 

Bereits nach derzeitiger Rechtslage sieht das Nachweisgesetz vor, dass der Arbeitgeber dem Mitarbeitenden die wesentlichen (näher beschriebenen) Vertragsbedingungen schriftlich und im Original unterzeichnet überreicht. Die „elektronische Form“, mit der die Schriftform durch eine qualifizierte elektronische Signatur ersetzt werden kann, ist ausdrücklich ausgeschlossen. In der Regel wurden die Anforderungen des Nachweisgesetzes durch Übergabe des unterzeichneten Arbeitsvertrags erfüllt. Zur Umsetzung der Richtlinie (und leider auch darüber hinaus) soll das Nachweisgesetz nun erweitert werden und die Dokumentationspflicht insbesondere auch die folgenden Bestandteile umfassen:

  • Die Dauer der vereinbarten Probezeit;
  • Die vereinbarten Ruhepausen und -zeiten; bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und die Voraussetzungen für Schichtänderungen;
  • Falls der Mitarbeitende nicht nur an einem bestimmten Arbeitsort tätig sein soll, ein Hinweis darauf, dass der er an verschiedenen Orten beschäftigt werden oder seinen Arbeitsort frei wählen kann;
  • Die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind, und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung;
  • Bei Arbeit auf Abruf die Vereinbarung, dass Mitarbeitende ihre Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen haben, die Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden, ferner der Zeitrahmen (Referenztage und -stunden), der für die Erbringung der Arbeitsleistung festgelegt ist, und die Frist, innerhalb derer der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit im Voraus mitzuteilen hat;
  • Bestimmte Angaben über unter anderem das Land und die Entlohnung bei Beschäftigung eines Mitarbeitenden im Ausland für mehr als vier aufeinanderfolgende Wochen;
  • Die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen;
  • Ein etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildungen;
  • Der Name und die Anschrift des Versorgungsträgers, wenn der Arbeitgeber den Mitarbeitenden eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt;
  • Das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Arbeitgeber und Mitarbeitenden einzuhaltende Verfahren (mindestens das Schriftformerfordernis, die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses und die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage).

Bislang hatte der Arbeitgeber bis zu einem Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses Zeit, dem Mitarbeitenden die wesentlichen Vertragsbedingungen auszuhändigen.

Der Gesetzgeber hat nun eine Staffelung von Fristen vorgesehen, innerhalb derer der Arbeitgeber dem Mitarbeitenden spätestens die Niederschrift über bestimmte Vertragsbedingungen aushändigen muss. Einige wesentliche Vertragsbedingungen (Name und Anschrift der Vertragsparteien, Höhe des Arbeitsentgelts und vereinbarte Arbeitszeit) muss er zukünftig bereits am ersten Tag der Arbeitsleistung aushändigen. Das gilt auch für Änderungen dieser wesentlichen Arbeitsbedingungen. Weitere Vertragsbedingungen müssen entweder spätestens am siebten Kalendertag oder einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses ausgehändigt [...]

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Quarantäne im Urlaub

Auswirkungen einer CORONA-Infektion auf Entgeltansprüche


1. ENTSCHEIDUNG DES LAG DÜSSELDORF

Mit Urteil vom 15. Oktober 2021 hat das LAG Düsseldorf (Az.: 7 Sa 857/21) ebenso wie die Vorinstanz die Klage einer Arbeitnehmerin auf Nachgewährung von 10 Urlaubstagen abgewiesen. Die Klägerin hatte während ihres bewilligten Erholungsurlaubs eine behördliche Quarantäneanordnung erhalten, nachdem zunächst bei ihrer Tochter und dann auch bei ihr eine Corona-Infektion durch PCR-Test positiv festgestellt worden war. Der gegen die Klägerin ergangene Bescheid enthielt den Hinweis, dass sie Erkrankte im Sinne des § 2 Nr. 4 IfSG sei. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch einen Arzt holte die Klägerin nicht ein.

Das LAG wies die Klage mit Hinweis auf § 9 BUrlG ab. Das Gesetz unterscheide zwischen Erkrankung und nachgewiesener Arbeitsunfähigkeit. Eine Nichtanrechnung von bereits bewilligten Urlaubstagen erfordere einen ärztlichen Nachweis, dass eine Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe. Der Hinweis auf eine Corona-Erkrankung im Bescheid der Behörde verhalte sich hierzu nicht. Da die Norm als Ausnahmevorschrift eng auszulegen sei, komme auch eine analoge Anwendung nicht in Betracht. Urlaubsstörende Ereignisse als Teil des persönlichen Lebensschicksals fielen grundsätzlich in den Risikobereich der Arbeitnehmer:innen.

Das Gericht hat die Revision zugelassen. Das Ergebnis überzeugt, denn auch aufgrund vieler anderer – dem Privatbereich zuzuordnender – Umstände, kann der Erholungszweck des Urlaubs entfallen oder jedenfalls eingeschränkt sein, ohne dass das BurlG die Nachgewährung gebietet.

2. ENTGELTANSPRÜCHE UND CORONA-INFEKTIONEN

Gerade vor dem Hintergrund, dass Unternehmen weiterhin betriebliche Testangebote anbieten und sie diese herbei teilweise auch so ausgestalten, dass sie als 3-G-Nachweis im Sinne des IfSG dienen können, stellt sich allen Beteiligten immer wieder die Frage, welche Konsequenzen ein positives Schnelltestergebnis zu Folge haben kann:

  • Schnelltest positiv; PCR-Test negativ:
    In dieser Konstellation haben Unternehmen den betroffenen Arbeitnehmer:innen zunächst den Zugang zum betrieblichen Arbeitsplatz zu versagen. Erst nach Vorlage eines negativen PCR-Testergebnisses dürfen Arbeitnehmer:innen ihre Tätigkeit wieder vor Ort aufnehmen. In der Zwischenzeit können sie regelmäßig ihre Arbeitsleistung nicht erbringen. Obwohl dies (auch) auf Anweisung des Unternehmens geschehen ist, besteht grundsätzlich dennoch kein Anspruch auf Annahmeverzugslohn, da die Arbeitsleistung am betrieblichen Arbeitsplatz gem. § 28b Abs. 1 IfSG verboten ist. Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG scheidet wiederum mangels Krankheit und auch Arbeitsunfähigkeit aus. Einzig ein Anspruch auf Grundlage von § 616 BGB kommt in Betracht, sofern dieser nicht einzelvertraglich abbedungen worden ist.
  • Schnelltest positiv; PCR-Test positiv; Schutzimpfung; keine Arbeitsunfähigkeit:
    Stellt sich nach einem positiven Schnelltest auch der PCR-Test als positiv heraus, führt dies dazu, dass Arbeitnehmer:innen unter behördliche angeordnete Quarantäne gestellt werden. Sie sind an der Erbringung der Arbeitsleistung vor Ort im Betrieb gehindert. Wenn die Arbeitsleistung nicht vom häuslichen Arbeitsplatz erbracht werden kann, sind Unternehmen hier in der Regel nicht zur Fortzahlung des Entgelts verpflichtet. Denn selbst wenn § 616 BGB nicht wirksam abbedungen worden sein sollte, wird der gesetzlich vorausgesetzte Zeitraum für „eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ im Sinne der Norm in aller Regel überschritten. In der Konsequenz entfällt von Anfang an ein Anspruch nach § 616 BGB. Eine Ent-geltfortzahlung nach Maßgabe des EFZG kommt wiederum nur in [...]

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