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Betriebsbedingter Kündigung – Vermutungswirkung bei Insolvenz

In einer aktuellen Entscheidung hat das BAG festgestellt, dass die Vermutungswirkung des § 125 Abs. 1 Nr. 1 InsO auch dann eingreift, wenn bis zu einem anvisierten Stilllegungszeitpunkt noch viel Zeit vergeht und für ein Unternehmen in der Zwischenzeit – anders als prognostiziert – doch ein Erwerber gefunden wird (BAG, Urteil vom 17. August 2023 – 6 AZR 56/23, PM). Denn im Zeitpunkt des Abschlusses des Interessenausgleichs muss sich die Betriebsänderung noch in der Planungsphase befinden, damit dem Betriebsrat entsprechend dem Zweck des § 111 BetrVG eine Einflussnahme auf die unternehmerische Entscheidung möglich ist.

1. SACHVERHALT

Der Entscheidung lag eine Klage eines seit 2011 bei der Insolvenzschuldnerin, einem Unternehmen der Stahlindustrie, angestellten Arbeitnehmers zu Grunde. Der Kläger wandte sich gegen eine von dem Insolvenzverwalter ausgesprochene Kündigung. Vor dem Hintergrund, dass keine annahmefähigen Kaufangebote für die Betriebe der Insolvenzschuldnerin vorgelegen hatten, hatte der Insolvenzverwalter mit dem bei der Insolvenzschuldnerin bestehenden Betriebsrat einen Interessenausgleich wegen einer geplanten Betriebsstillegung geschlossen. Der Interessenausgleich beinhaltete insgesamt drei verschiedenen Namenslisten, auf denen alle Beschäftigten der Insolvenzschuldnerin genannt waren. Der Kläger war auf der zweiten Liste namentlich geführt, die eine Beendigung der Arbeitsverhältnisse nach Ablauf eines Zeitraums für die Ausproduktion vorsah. Bei der Ausproduktion wird im insolventen Betrieb das noch vorhandene Potential (Know-how, Aufträge, Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, Halbfertigwaren) im Rahmen der Abwicklung genutzt und im Interesse der Gläubiger wertschöpfend verwertet. Nach Unterzeichnung des Interessenausgleichs kündigte der Insolvenzverwalter daher das Arbeitsverhältnis des Klägers betriebsbedingt mit Schreiben vom 29. Juni 2020 mit Wirkung zum 31. Mai 2021. Im weiteren Verlauf wurden anschließend doch noch Teile des Betriebs der Insolvenzschuldnerin durch Kaufvertrag vom 22. Februar 222 an einen vormaligen Hauptkunden veräußert.

2. RECHTLICHER RAHMEN

Gem. § 111 Abs. 1 S. 1 BetrVG muss in Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern der Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend unterrichtet und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat beraten werden. Dabei bedeutet rechtzeitig, dass die Unterrichtung und Beratung noch Einfluss auf die Gestaltung der Betriebsänderung nehmen können.

Über eine geplante Betriebsänderung soll gem. § 112 BetrVG zwischen den Betriebsparteien zudem ein Interessenausgleich geschlossen werden, der das „Ob“ und das „Wie“ der Betriebsänderung regelt. Der Betriebsrat kann den Abschluss eines Interessenausgleichs – anders als den eines Sozialplans – jedoch nicht erzwingen. Kommt ein solcher nicht zustande, können Beschäftigte allerdings ggf. individuell Nachteilsausgleichsansprüche geltend machen.

Im Rahmen eines solchen Interessenausgleichs können die Betriebsparteien unter anderem auch diejenigen Beschäftigten in einer Liste namentlich benennen, die bei der Durchführung der Betriebsänderung entlassen werden sollen. Eine solche Namensliste hat erhebliche individualrechtliche Bedeutung, indem durch sie die Betriebsbedingtheit der Kündigung nach § 1 Abs. 5 KSchG vermutet und der Prüfungsmaßstab bei der Sozialauswahl auf grobe Fehlerhaftigkeit beschränkt wird. Eine entsprechende Regelung sieht § 125 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 InsO auch für den Fall vor, dass im Zusammenhang mit einer Insolvenz eine Betriebsänderung geplant ist und ein Interessenausgleich mit Namensliste geschlossen wird.

3. ENTSCHEIDUNG

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm hatte in der [...]

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Kündigungsgrund: WhatsApp-Nachricht – Bundesarbeitsgericht (BAG) erteilt pauschaler Vertraulichkeitserwartung eine Absage

Das Bundesarbeitsgericht hatte sich in einer aktuellen Entscheidung (BAG, Urteil vom 24. August 2023 – 2 AZR 17/23, PM) damit auseinander zu setzen, inwiefern Äußerungen, die in privaten WhatsApp-Chatgruppen getätigt wurden, einen Grund für den Ausspruch einer (außerordentlich fristlosen) Kündigung darstellen können.

1. SACHVERHALT
Der Entscheidung lag eine Kündigungsschutzklage eines Arbeitnehmers gegen die Kündigung durch seine Arbeitgeberin, eine deutsche Fluggesellschaft, zu Grunde. Der Kläger war seit 2014 Mitglied in einer WhatsApp-Gruppe mit fünf weiteren Beschäftigten der Beklagten. Im November 2020 trat zudem ein ehemaliger Kollege als Mitglied der Gruppe bei. Die Mitglieder der WhatsApp-Gruppe waren seit Jahren befreundet, zwei der Personen waren miteinander verwandt. In der WhatsApp-Gruppe wurden rein private Themen diskutiert, aber darüber hinaus wurden auch teils stark beleidigende, sexistische und zu Gewalt aufstachelnde Äußerungen über Vorgesetzte und andere Beschäftigte der Beklagten getätigt. Als die Beklagte hiervon zufällig Kenntnis erlangte, kündigte Sie den Kläger außerordentlich und fristlos.

2. ENTSCHEIDUNG DES BAG
Der Kündigungsschutzklage des Klägers hatte zunächst in den Vorinstanzen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht (LAG) hatte einen Kündigungsgrund wegen einer berechtigten Vertraulichkeitserwartung des Klägers in Bezug auf die von ihm verfassten Mitteilungen abgelehnt.

Die Revision der Beklagten hatte hingegen nun vor dem BAG Erfolg. Das BAG urteilte, dass der Kläger im vorliegenden Fall nicht berechtigterweise erwarten konnte, dass die Äußerungen in dem Gruppenchat vertraulich bleiben und nicht an Dritte weitergeben werden. Eine solche Vertraulichkeitserwartung ist nach Ansicht des BAG vielmehr nur dann ausnahmsweise berechtigt. wenn die Mitglieder der Chatgruppe den besonderen persönlichkeits-rechtlichen Schutz einer Sphäre vertraulicher Kommunikation in Anspruch nehmen können. Kriterien hierfür sind der Inhalt der ausgetauschten Nachrichten, die (sich ändernde) personelle Zusammensetzung und die Größe einer Chatgruppe. Aber auch die Beteiligung der einzelnen Chat-Mitglieder und das gewählte Medium sind zu berücksichtigen. Soweit in Gruppenchats beleidigende oder menschenverachtende Äußerungen getätigt werden, bedarf es dann einer besonderen Darlegung, warum die Chatmitglieder erwarten konnten, dass der Inhalt ihrer Nachrichten dennoch vertraulich bleibt. Welche Anforderungen hieran zu stellen sind, ist der Pressemitteilung des BAG nicht zu entnehmen. Die allgemeinen Ausführungen der Vorinstanz zu den langjährigen Freundschaften und dem engen persönlichen Verhältnis zwischen den Chatmitgliedern sowie der Ende-zu-Ende Verschlüsselung des gewählten Kommunikationsmediums, wodurch ein Einsehen der Nachrichten durch Außenstehende verhindert wurde, genügten dem BAG jedenfalls nicht. Gelingt es danach nicht, solche besonderen Umstände darzulegen, die ausnahmsweise eine berechtigte Vertraulichkeitserwartung begründen, können bekannt gewordene beleidigende und menschenverachtende Äußerungen eine fristlose Kündigung rechtfertigen.

Ob die Kündigung im konkreten Fall demnach gerechtfertigt war oder nicht, konnte das BAG nicht abschließend entscheiden. Es hat die Sache vielmehr an das LAG zurückverwiesen. Dieses muss dem Kläger nun Gelegenheit geben, darzulegen, warum er unter Berücksichtigung der oben dargestellten Kriterien ggf. eine berechtigte Vertraulichkeitserwartung haben durfte.

3. KONSEQUENZEN
Mit der Entscheidung stellt das BAG klar, dass auch Äußerungen von Beschäftigten mit Bezug zum Arbeitsverhältnis im privaten Umfeld arbeitsrechtliche Konsequenzen haben können. Damit hat das BAG zugleich auch Vorgaben für die Behandlung der in den letzten Jahren viel diskutierten „Social-Media Fällen“ gegeben. Beleidigende Äußerungen können hierbei unabhängig vom gewählten Medium und der Frage, ob sie „öffentlich“ oder [...]

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Datenschutzrechtliche Pflichten & mögliche Stolperfallen beim Whistleblowing

Mit dem Inkrafttreten des Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG) am 2. Juli 2023 stehen Unternehmen vor neuen datenschutzrechtlichen Herausforderungen. Regelmäßig enthalten bei einer Meldestelle eingehende Hinweise personenbezogene Daten. Dazu gehören insbesondere der Name des Hinweisgebers (sofern kein anonymer Hinweis erfolgte) und Angaben zum Sachverhalt sowie zu betroffenen Personen. Diese Daten müssen auch im Interesse des Unternehmens – als potenzieller Adressat von Bußgeldern und Schadensersatzansprüchen – in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) erfasst und verarbeitet werden.

Vorgaben bei der Einrichtung und dem Betreiben einer Meldestelle
Im Folgenden zeigen wir wesentliche Aspekte auf, die bei der Einrichtung und dem Betrieb einer Meldestelle berücksichtigt werden sollten.

  • Datenschutz-Folgenabschätzung: Vor der Einrichtung eines Meldekanals muss aufgrund des hohen Risikos der Datenverarbeitung für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen eine Datenschutz-Folgenabschätzung gem. Art. 35 DSGVO durchgeführt und dokumentiert werden. Ziel einer solchen Datenschutz-Folgenabschätzung ist es, derartige Risiken durch technische und organisatorische Maßnahmen zu minimieren.
  • Verarbeitungsverzeichnis: Auch das Hinweisgeberverfahren ist in das Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten gem. Art. 30 DSGVO aufzunehmen.
  • Vertraulichkeitsvereinbarung: Um die Funktionsfähigkeit des Hinweisgeberschutzsystems zu gewährleisten, sieht das Hinweisgeberschutzgesetz in §§ 8, 9 HinSchG einen weitgehenden Schutz der Identitäten aller von einer Meldung betroffenen Personen vor. Demnach darf ihre Identität ausschließlich internen Meldestellen sowie für Folgemaßnahmen zuständigen Personen bekannt gemacht werden. Nur in bestimmten Ausnahmefällen, zum Beispiel auf Verlangen von Strafverfolgungsbehörden, dürfen Informationen zur Identität einer hinweisgebenden Person weitergegeben werden. Dieses Vertraulichkeitsgebot ist gesetzlich vorgesehen. Es bietet sich jedoch für Arbeitgeber im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht an, die für die interne Meldestelle zuständigen Personen auf die Folgen der Nichteinhaltung dieser Vorschriften im Rahmen einer zusätzlichen Vertraulichkeitsvereinbarung hinzuweisen.
  • Schulungspflicht: Nach § 15 Abs. 2 HinSchG haben Unternehmen dafür Sorge zu tragen, dass die mit den Aufgaben einer internen Meldestelle beauftragten Personen über die notwendige Fachkunde verfügen, insbesondere um die Vertraulichkeit der Identität betroffener Personen zu wahren. Dies ist ggf. durch geeignete Schulungen sicherzustellen und umfasst auch den datenschutzkonformen Umgang bei der Erfassung und Verarbeitung eingehender Hinweise.
  • Dokumentationspflicht: Die interne Meldestelle ist gem. § 11 HinSchG verpflichtet, alle eingehenden Meldungen unter Beachtung des Vertraulichkeitsgebots in dauerhaft abrufbarer Weise zu dokumentieren.
  • Aufbewahrungs- und Löschpflichten: Die Dokumentation der eingegangenen Meldung gem. 30 DSGVO grundsätzlich drei Jahre nach Abschluss des Verfahrens zu löschen. Eine darüberhinausgehende Aufbewahrungsfrist ist möglich, solange dies erforderlich und verhältnismäßig ist.
  • Technisch organisatorische Maßnahmen: Unternehmen müssen technisch organisatorische Maßnahmen gem. Art. 32 DSGVO treffen, um eine DSGVO-konforme Verarbeitung personenbezogener Daten sicherzustellen. Das ist auch dann der Fall, wenn Dritte mit den Aufgaben einer internen Meldestelle betraut wurden.
  • Auslagerung der internen Meldestelle: Das Hinweisgeberschutzgesetz sieht in § 14 Abs. 1 Hin-SchG die Möglichkeit vor, Dritte mit den Aufgaben einer internen Meldestelle zu betrauen. Dies befreit den Beschäftigungsgeber jedoch nicht von der Pflicht, selbst geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um einen durch das Hinweisgebersystem gemeldeten Verstoß abzustellen. Zudem sollte die Klärung der datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeiten je nach konkreter Ausgestaltung der Zusammenarbeit z.B. im Rahmen eines Auftragsverarbeitungsvertrages (Art. 28 DSGVO) erfolgen.
  • Datenschutzbeauftragter als Meldestelle: Gerade für kleine Unternehmen mit geringerem Bedarf ist es zumindest denkbar, die Person [...]

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Update Whistleblowing: Das Hinweisgeberschutzgesetz kommt

„Was lange währt, wird endlich gut“ – dies dürfte zumindest eingeschränkt für das verabschiedete Hinweisgeberschutzgesetz gelten. Nachdem der Bundestag Ende 2022 mit ohnehin schon etwa einjähriger Verspätung einen Entwurf des Gesetzes für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen sowie zur Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (Hinweisgeberschutzgesetz) verabschiedet hatte, verzögerte sich das Gesetzgebungsverfahren weiter aufgrund der verweigerten Zustimmung des Bundesrats vom 10. Februar 2023. Mit Beschluss vom 11. bzw. 12. Mai 2023 haben Bundestag und Bundesrat nun den vom Vermittlungsausschuss vorgeschlagenen Kompromiss auf den Weg gebracht.

Zwar steht die Ausfertigung des Gesetzes noch aus. Diese dürfte aber in Kürze zu erwarten sein, sodass das Hinweisgeberschutzgesetz aller Voraussicht nach in wenigen Wochen in Kraft treten dürfte.

Auch wenn das Hinweisgeberschutzgesetz große Herausforderungen für Unternehmen mit sich bringt, schafft die vermittelte Fassung zumindest eine Verbesserung wesentlicher Kritikpunkte. Auf Grundlage des geänderten Entwurfs sind weder anonymen Meldungen zu ermöglichen noch immateriellen Schäden zu ersetzen. Auch reduziert sich die maximale Bußgeldhöhe von 100.000 Euro auf die Hälfte. Welche Pflichten Unternehmen zukünftig im Einzelnen zu beachten haben, stellen wir nachfolgend dar:

1. ANWENDUNGSBEREICH
Als hinweisgebende Personen werden natürliche Personen bezeichnet, die im Vorfeld oder im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben und diese Verstöße melden oder offenlegen. Das Gesetz sieht zur Durchsetzung der Meldungen die Einrichtung interner und externer Meldestellen vor. Dagegen soll eine Offenlegung nur unter besonderen Umständen geschützt sein.

Obwohl das Hinweisgeberschutzgesetz die europäische Richtlinie umsetzt, geht es im sachlichen Anwendungsbereich über die unionsrechtlichen Vorgaben hinaus und umfasst nicht nur Verstöße gegen das Unionsrecht. In den Schutzbereich des Gesetzes fallen beispielsweise strafrechtlich und bußgeldrelevante Verstöße, steuerrechtliche Verstöße und Verstöße gegen gesetzliche Vorgaben zur Geldwäsche, Produktsicherheit, Sicherheit des Straßenverkehrs, Förderung erneuerbarer Energien, zum Umweltschutz und Verbraucherschutz. Die einzelnen Verstöße sind abschließend in § 2 Hinweisgebergesetz-E aufgezählt. In Änderung des anfänglichen Entwurfs sind nun auch Verstöße gegen die unionsrechtlichen Vorgaben zu den digitalen Märkten und Äußerungen von Beamten enthalten.

2. PFLICHTEN
Neben den externen Meldestellen, die im Wesentlichen bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen, dem Bundesamt für Justiz und dem Bundeskartellamt vorgesehen sind, werden auch Unternehmen in die Pflicht genommen. Sie haben – je nach Größe des Unternehmens – interne Meldestellen einzurichten. Die Einrichtung umfasst die Betreibung von Meldekanälen, das Führen der Verfahren und die Ergreifung von Folgemaßnahmen.

Grundsätzlich sollen Unternehmen mit mindestens 50 in der Regel beschäftigten Arbeitnehmern Meldestellen errichten. Beschäftigt ein Unternehmen in der Regel also weniger als 50 Arbeitnehmer, ist es grundsätzlich nicht von den Pflichten betroffen. In besonders sensiblen Bereichen, wie dem Bankwesen und dem Wertpapierhandel, besteht die Pflicht allerdings unabhängig von der Unternehmensgröße. Unternehmen mit in der Regel 50-249 Beschäftigten müssen erst bis zum 17. Dezember 2023 der Einrichtung von Meldestellen nachgekommen sein (ausgenommen sind sog. sensible Bereiche). Ihnen wird zudem die Möglichkeit gewährt, gemeinsame Meldestellen zu errichten. Dies könnte insbesondere bei einem Konzernverbund sinnvoll sein und zur Erleichterung führen. Nur große Unternehmen mit in der Regel mindestens 250 Beschäftigten sind unmittelbar ab Inkrafttreten des Hinweisgeberschutzgesetzes ohne Umsetzungsfrist [...]

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Fristlose Kündigung wegen Kaffepause – Arbeitszeitbetrug als schwerwiegende Pflichtverletzung

Nachdem die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung bestimmt worden ist, werden sich Arbeitgeber zukünftig womöglich vermehrt dem Problem des Arbeitszeitbetrugs und des Missbrauchs von Zeiterfassungssystemen stellen müssen. Mit einer aktuellen Entscheidung setzt das LAG Hamm (Urt. v. 27. Januar 2023, Az. 13 Sa 1007/22) ein überraschend klares Zeichen gegen den Arbeitszeitbetrug. Selbst eine zehnminütige Kaffeepause kann eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigen, wenn der Arbeitnehmer es unterlässt, für diese Pause auszustempeln.

1. SACHVERHALT
In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall stritten die Parteien um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung. Die im Jahr 1959 geborene Klägerin war seit 2013 bei dem Beklagten als Raumpflegerin beschäftigt. Am Morgen des 8. Oktobers 2021 stempelte sich die Klägerin über das Zeiterfassungssystem zur Aufnahme ihrer Tätigkeit ein. Gegen 8:30 Uhr begab sich die Klägerin – ohne sich auszustempeln – für mindestens 10 Minuten in das gegenüber der Betriebsstätte gelegene Café, um dort zusammen mit einer anderen Person Kaffee zu trinken. Dies hatte der beklagte Arbeitgeber beobachtet. Nachdem die Klägerin zu ihrem Arbeitsplatz zurückkehrte, konfrontierte der Beklagte sie mit seiner Beobachtung. Die Klägerin beteuerte, das Betriebsgelände nicht verlassen zu haben, und meinte, dass der Beklagte sich irren müsse. Erst als der Beklagte das Zeigen von Beweisfotos ankündigte, gab die Klägerin die Kaffeepause während der eingestempelten Arbeitszeit zu. Der Beklagte kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich.

2. ENTSCHEIDUNG
Nach der Entscheidung des LAG Hamm stellt auch die nur 10-minütige Kaffeepause einen so schwerwiegenden (versuchten) Arbeitszeitbetrug dar, der den Ausspruch einer fristlosen Kündigung rechtfertigt. Daran ändert auch das Alter der Klägerin, die 9-jährige Betriebszugehörigkeit und die bestehende Schwerbehinderung nichts.
Wie schon das Arbeitsgericht Gelsenkirchen erstinstanzlich entschied, sah auch das LAG Hamm einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB als gegeben an. Der Arbeitgeber sei angesichts der schwer zu kontrollierenden Dokumentation der Arbeitszeit auf die Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit der Mitarbeiter angewiesen. Trägt ein Mitarbeiter vorsätzlich fehlerhafte Arbeitszeiten ein, führe dies zu einem nachhaltigen schweren Vertrauensbruch. Wenn der Mitarbeiter auf die persönliche Konfrontation die Pflichtverletzung darüber hinaus vehement leugnet und erst auf das Vorhalten von Beweisfotos die Wahrheit einräumt, sei die Verlässlichkeit irreversibel zerstört. Dabei genüge auch der einmalige Verstoß und der geringe wirtschaftliche Schaden, um einen schweren Vertrauensverlust herbeizuführen.
Obwohl die Klägerin mit einem Alter von 62 Jahren, einer Betriebszugehörigkeit von 9 Jahren und einer bestehenden Schwerbehinderung gewichtige Interessen vortragen konnte, waren diese nicht geeignet, der schwerwiegenden Pflichtverletzung in Form des Arbeitszeitbetrugs hinreichend entgegenzutreten und die Unwirksamkeit der Kündigung zu bewirken.

3. FRISTLOSE KÜNDIGUNG AUCH BEI EINMALIGEM ARBEITSZEITBETRUG
Auch wenn in diesem Fall erschwerend die beharrliche Leugnung der Klägerin für die Rechtmäßigkeit der außerordentlichen Kündigung hinzukam, zeigt die Entscheidung des LAG Hamm eindrucksvoll, dass die Dauer des Arbeitszeitbetrugs und der entstandene Schaden kein Mindestmaß erfordern. Entscheidend ist der Vertrauensverlust, der durch die bewusst wahrheitswidrige Angabe erfolgt. Der Arbeitgeber muss sich auf die Integrität und Loyalität seiner Mitarbeiter verlassen können.




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Nach neuem EuGH-Urteil: Wie geht es weiter im deutschen Beschäftigtendatenschutz?

Für alle Personalverantwortlichen gibt es spannende Neuigkeiten aus dem Bereich Beschäftigtendatenschutz: Aufgrund einer Entscheidung des EuGH (Urteil vom 30. März 2023, C 34/21) könnte § 26 BDSG, die zentrale deutsche Norm zur Verarbeitung von Beschäftigtendaten, möglicherweise nicht mehr anwendbar sein. Wir erläutern den Kontext der Entscheidung und zeigen auf, weshalb das Urteil für Unternehmen dennoch kein Grund zur Panik ist.

Die Entscheidung des EUGH

Der EuGH hat in seinem Urteil festgestellt, dass die Regelungen zum Beschäftigtendatenschutz in § 23 des Hessischen Datenschutzgesetzes (HDSG) nicht mit der DSGVO vereinbar sind. Diese Entscheidung stützt das Gericht darauf, dass § 23 HDSG im Wesentlichen eine bloße Wiederholung der Bestimmungen der DSGVO sei. Mitgliedsstaaten können eigene Vorschriften zum Beschäftigtendatenschutz nur unter der Bedingung erlassen, dass es sich um spezifischere Vorschriften zur Gewährleistung des Schutzes der Rechte und Freiheiten hinsichtlich der Verarbeitung personenbezogener Beschäftigtendaten im Beschäftigungskontext handelt. Gerade das sei bei einer bloßen Wiederholung der allgemeinen Vorschriften zur Verarbeitung personenbezogener Daten aber nicht der Fall.

Da die Regelung des HDSG nahezu wortgleich mit § 26 BDSG ist, lassen sich die Wertungen der Entscheidung des EuGH auf die Verarbeitung von Beschäftigtendaten durch Unternehmen auf Grundlage des § 26 BDSG übertragen. Das liegt insbesondere für § 26 Abs. 1 BDSG durchaus nahe – eine Auswirkung auf den gesamten § 26 BDSG scheint möglich, aber nicht zwingend.

Kurz und knapp: Was heißt das für Unternehmen?

Für deutsche Unternehmen stellt § 26 BDSG die zentrale Rechtsgrundlage für die Verarbeitung von Beschäftigtendaten dar, sodass durch das Urteil eine gewisse Rechtsunsicherheit entsteht. Allerdings ist auch bei einem Wegfall dieser Rechtsgrundlage davon auszugehen, dass jeweils ein alternativer Erlaubnistatbestand für im Beschäftigungskontext übliche Verarbeitungen identifiziert werden kann (z.B. Vertragsdurchführung, Erfüllung rechtlicher Verpflichtungen oder berechtigtes Interesse), sodass die Verarbeitungen im Regelfall nicht einzustellen sind. Daher dürften vor allem die derzeit noch verwendeten Datenschutzinformationen sowie Verarbeitungsverzeichnisse mit Blick auf die dort genannten Rechtsgrundlagen zu aktualisieren sein.

Einzelne Datenschutzbehörden empfehlen zudem bereits, zukünftig verstärkt auf Betriebsvereinbarungen zu setzen. Dabei ist besonders wichtig, dass sie die von der DSGVO geforderten speziellen Garantien zur Wahrung der menschlichen Würde, der berechtigten Interessen und der Grundrechte der betroffenen Person enthalten. Die Bedeutung dieser Pflichtinhalte hat der EuGH in seiner Entscheidung betont – anderenfalls droht ihnen womöglich das gleiche Schicksal wie dem § 26 Abs. 1 BDSG. Dabei ist zu beachten, dass Betriebsvereinbarungen vor allem in einer konkretisierenden Funktion zur Schaffung von Rechtssicherheit beitragen können. Zur Schaffung völlig neuer Rechtsgrundlagen sind sie eher nicht geeignet (wenngleich einzelne Arbeitsgerichte das durchaus anders sehen).

Gerne unterstützen wir Sie bei Fragen zur Auswirkung der EuGH-Entscheidung auf Ihr Unternehmen und bei eventuell notwendigen Schritten zur Anpassung bestehender datenschutzrechtlicher Dokumente.




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Neues zur Arbeitszeiterfassung – Referentenentwurf zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes

Seit dem 18. April 2022 liegt nun der lang erwartete (Referenten-)Entwurf zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes und zur Regelung der Arbeitszeiterfassung vor („RefE-ArbZG“). Damit reagiert das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) unmittelbar auch auf den zuletzt kritisch diskutierten Beschluss des BAG vom 13. September 2022 (Az. 1 ABR 22/21), in welchem es aus § 3 Abs. 2 Arbeitsschutzgesetz mittels einer unionsrechtskonformen Auslegung eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung hergeleitet hatte.

Leider enttäuscht der RefE-ArbZG alle zuvor verbreiteten Forderungen und Hoffnungen auf eine Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes und darauf aufbauend eine flexible Handhabung der Arbeitszeiterfassung. Stattdessen sieht der Referentenentwurf eine weitgehend starre Verpflichtung zur täglichen und ausschließlich elektronischen Erfassung des Beginns, des Endes und der Dauer der täglichen Arbeitszeit vor.

Zudem finden sich auch noch Widersprüche. So sollen „Führungskräfte, herausgehobene Experten und Wissenschaftler“ zwar nach der Begründung von den starren Regelungen zur Arbeitszeiterfassung befreit sein, der Entwurf sieht eine solche Möglichkeit zur Befreiung jedoch nur über eine Regelung der Tarifpartner vor. Selbst wenn man außen vor lässt, dass eine Ausnahme ausschließlich für Regelungen der Tarifparteien sachlich kaum begründbar ist, wird eine flexible Regelung so gerade für hochbezahlte Führungskräfte und sämtliche Branchen, in denen es keine Tarifverträge gibt, faktisch ausgeschlossen. Die Ausnahmeregelung, auf die spätestens seit September 2022 alle warten, ist daher praktisch weitgehend untauglich.

Der Entwurf lässt sich daher eher als politisches Signal des BMAS im Sinne eines Bekenntnisses zu Tarifbindung und betrieblicher Mitbestimmung einordnen denn als ernsthafter Versuch, die selbst formulierten Ziele einer Flexibilisieung gesetzlich zu regeln. Es ist davon auszugehen, dass der Referentenentwurf lediglich ein Entwurf bleiben und nun konkreter Ausgangspunkt für Diskussionen um eine umfassende Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes sein wird.

Zu den einzelnen Regelungen:

1. UMFASSENDE PFLICHT ZUR ARBEITSZEITERFASSUNG

Die grundlegende Pflicht zur Arbeitszeiterfassung ergibt sich aus dem folgenden § 16 Abs. 2 RefE-ArbZG:

„(2) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer jeweils am Tag der Arbeitsleistung elektronisch aufzuzeichnen. Er hat ein Verzeichnis der Arbeitnehmer zu führen, die in eine Verlängerung der Arbeitszeit gemäß § 7 Absatz 7 eingewilligt haben. Der Arbeitgeber hat die Arbeitszeitnachweise nach Satz 1 und 2 mindestens zwei Jahre aufzubewahren.“

Danach sind im Ausgangspunkt ausnahmslos der Beginn, das Ende und die Dauer der täglichen Arbeitszeit durch den Arbeitgeber elektronisch aufzuzeichnen. Eine analoge Aufzeichnung ist danach grundsätzlich (vorbehaltlich der im Folgenden dargestellten Ausnahmen) unzulässig. Eine bestimmte Art der elektronischen Aufzeichnung wird nicht vorgeschrieben. Nach der Begründungen des RefE-ArbZG kämen z.B. elektronische Anwendungen wie Apps auf einem Mobiltelefon oder die Nutzung herkömmlicher Tabellenkalkulationsprogramme (Excel) in Betracht. Womöglich aus Gründen der Vereinfachung soll auch eine sogenannte „kollektive Arbeitszeiterfassung“ durch die Nutzung und Auswertung elektronischer Schichtpläne möglich sein, sofern sich aus diesen der Beginn, das Ende und die Dauer der täglichen Arbeitszeit einzelner Arbeitnehmer ergebe und etwaige Abweichungen (z.B. Fehlzeiten und zusätzliche Arbeitszeiten) gesondert elektronisch erfasst werden. Am Ende wäre danach weiterhin eine individuelle Erfassung notwendig, da nahezu ausgeschlossen ist, das Schichtpläne minutengenau die tatsächliche Arbeitszeit widerspiegeln.

Diese elektronische Zeiterfassung muss zudem am Tag der Arbeitsleistung erfolgen. Die danach täglich erstellten Arbeitszeitnachweise sind zudem [...]

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DSGVO-Auskunftsanspruch: 10.000 Euro Schadensersatz für verspätete Auskunft

Der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch gem. Art. 15 Abs. 1 DSGVO beschäftigt weiterhin Arbeitgeber und Gerichte, insbesondere im Arbeitsverhältnis lauern zahlreiche Fallstricke. Diese ergeben sich nicht nur aus komplexen juristischen Fragestellungen, etwa zum Umfang des Auskunftsanspruchs und des Rechts auf Kopie gem. Art. 15 Abs. 3 DSGVO. Oftmals stellt bereits der praktische Umgang mit Auskunftsanfragen von Beschäftigten Unternehmen vor Herausforderungen.

Dass es sich lohnt, eine gut aufgestellte Datenschutzorganisation zu haben, zeigt ein aktuelles Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 09. Februar 2023 (3 Ca 150/21). Der Kläger verlangte von seiner (ehemaligen) Arbeitgeberin unter anderem Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO sowie eine Kopie der Daten gemäß Art. 15 Abs. 3 DSGVO. Das Unternehmen verweigerte die Auskunftserteilung. Erst im Gerichtsverfahren legte es einzelne Unterlagen vor – 20 Monate nach dem Auskunftsbegehren. Das Gericht hat dem Kläger allein aufgrund dieser verspätet erteilten Auskunft einen Schadensersatz von 10.000 Euro zugesprochen.

DER DATENSCHUTZRECHTLICHE AUSKUNFTSANSPRUCH

Der Auskunftsanspruch gem. Art. 15 Abs. 1 DSGVO und das Recht auf Kopie nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO bestehen neben dem Einsichtsrecht in die Personalakte gem. § 83 Abs. 1 BetrVG. In der Praxis wird der DSGVO-Anspruch vielfach zur Erhöhung des „Lästigkeitswertes“ im Konfliktfall genutzt, um auf diese Weise Verhandlungsmasse zu gewinnen und um ggf. an zusätzliche Informationen und Unterlagen für einen (späteren) Rechtsstreit zu gelangen.

Für den Auskunftsanspruch gelten klare Fristen: Grundsätzlich ist die Auskunft unverzüglich, in jedem Fall aber innerhalb eines Monats nach Eingang des Antrags zu beantworten (in Ausnahmefällen kann diese Frist um weitere zwei Monate verlängert werden). Die inhaltlich korrekte Erfüllung des Anspruchs, insbesondere des Anspruchs auf Kopie, ist allerdings komplex, wie auch eine Vielzahl von Urteilen zeigt.

10.000 EURO SCHADENSERSATZ

Wird der Anspruch nicht ordnungsgemäß erfüllt, kann dies zu einem Schadensersatzanspruch gem. Art. 82 DSGVO führen sowie ggf. zu einer Geldbuße gem. Art. 83 Abs. 5 lit. b DSGVO.

Wie kam das Arbeitsgericht Oldenburg im vorliegenden Fall zu einer Summe von 10.000 Euro für eine verspätet erteilte Auskunft? Dem Gericht genügt (unter Berufung auf das Bundesarbeitsgericht) zur Begründung des Anspruchs auf immateriellen Schadensersatz gem. Art. 82 Abs. 1 DSGVO bereits die Verletzung von Vorschriften der DSGVO. Nach Ansicht des Gerichts ist es gerade nicht erforderlich, dass die verletzte Person einen (weiteren) von ihr erlittenen immateriellen Schaden darlegen muss. Dementsprechend führt also bereits die Nichteinhaltung von Vorschriften der DSGVO (hier: der Fristen für die Erfüllung des Auskunftsanspruchs) zu einem Schadensersatzanspruch für die betroffene Person. Das Gericht geht zudem davon aus, dass bei der Berechnung der Höhe des Schadensersatzes Präventionscharakter und Abschreckungswirkung zu berücksichtigen seien: Der Schadensersatz soll weh tun.

Hier war der Auskunftsanspruch 20 Monate zu spät erteilt worden. Für jeden Monat, in dem die Auskunft nicht erteilt wurde, hat das Gericht 500 Euro angesetzt, sodass es auf die Gesamtsumme von 10.000 Euro kommt.

Die vorliegende Entscheidung setzt eine Reihe von Entscheidungen fort, in denen deutsche Arbeitsgerichte allein die Verletzung von Vorschriften der DSGVO als ausreichend erachtet haben, um einen Schadensersatzanspruch des Beschäftigten zu begründen.

Gerade beim Auskunftsanspruch lassen sich viele Fehler mit Hilfe einer robust [...]

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Mobile Arbeit und regionale Feiertage – was gilt?

Die feiertagsträchtigen Monate April, Mai und Juni stehen vor der Tür. Da die meisten Feiertage in Deutschland auf Landesrecht basieren gibt es einige von ihnen auch nur in manchen Bundesländern und in anderen eben nicht. Arbeiten die Mitarbeiter am Betriebssitz, wirft das keine Probleme auf – aber welche Feiertage gelten, wenn die Arbeitnehmer aus dem Home-Office aus einem anderen Bundesland arbeiten oder sogar mobil, also aus unterschiedlichen Bundesländern?

Um es vorwegzunehmen: Obwohl diese Frage in der heutigen Zeit mit immer mehr flexibler Arbeit zwischen dem klassischen Büromodell, vollständiger Remote Arbeit und Wechselmodellen zwischen Home-Office und Büroarbeit weiter an Bedeutung gewinnt, hat die Rechtsprechung diese praxisrelevanten Fragestellungen bislang noch kaum erörtert. In der Literatur hingegen haben sich einige verfestigten Meinungen herausgebildet.

Klar ist, dass die folgenden Möglichkeiten in Betracht kommen: Zur Bestimmung des anwendbaren Feiertagsrechts kann entweder auf den Betriebssitz, auf den regelmäßigen Arbeitsort des Arbeitnehmers, auf den tatsächlichen Arbeitsort des Arbeitnehmers (Tag genau) oder auf den Wohnsitz des Arbeitnehmers abgestellt werden. Dass Anknüpfungspunkt die Tätigkeit und nicht der Wohnsitz ist, hat das BAG immerhin entschieden (BAG, Urteil vom 16.April 2014 –5 AZR 483/12).

Recht einig ist sich die Literatur, dass ein Mitarbeiter, der beispielweise dauerhaft im Home-Office aus Bayern arbeitet, nicht dem Feiertagsrecht aus Hessen unterworfen ist, nur weil dort der Betriebssitz liegt. Für diesen Mitarbeiter gelten die bayrischen Feiertage – übrigens nicht nur mit dem Recht der Arbeitnehmer, an diesen Tagen nicht zu arbeiten, sondern auch mit der grundsätzlichen Pflicht des Arbeitgebers, an diesem Tag die betroffenen Arbeitnehmer nicht zu beschäftigen.

Etwas weniger eindeutig fällt das Meinungsbild hinsichtlich eines Mitarbeiters aus, der in aller Regel z.B. im Bundesland Hessen tätig wird, wo auch der Betriebssitz liegt, er jedoch zu einem Außentermin in ein anderes Bundesland fährt. In diesen Fällen wird vermehrt davon ausgegangen, dass weiterhin das Feiertagsrecht des regelmäßigen Beschäftigungsortes anwendbar ist (also hier: Hessen). Beachtet werden sollte dabei aber, dass falls in dem anderen Bundesland ein Feiertag besteht, zumindest keine störenden Tätigkeiten wahrgenommen werden sollten – für Bürotätigkeiten in der Regel kein Problem.

Schwieriger wird es, wenn der Mitarbeiter keinen regelmäßigen Beschäftigungsort in einem Bundesland hat, sich also in etwa gleich oft in unterschiedlichen Bundesländern aufhält. Hier wird sowohl vertreten, dass es dann auf den Betriebssitz des Arbeitgebers ankommen soll, als auch, dass Tag genau das Feiertagsrecht des Bundeslandes anwendbar sein soll, in dem sich der Arbeitnehmer zu dem Zeitpunkt aufhält. In der Regel einfacher erscheint es, das Feiertagsrechts des Betriebssitzes anzuwenden.

Fazit
Viele Einzelfragen sind mangels tragfähiger Rechtsprechung noch unklar. Noch etwas komplizierter wird es insbesondere bei grenzüberschreitenden internationalen Sachverhalten. Wichtig ist es, sich mit den Fragestellungen angesichts der vermehrten Beispiele in der Praxis eingehend zu beschäftigen und vor allem unternehmenseinheitlich zu verfahren.




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